Freitag, 22. Oktober 1976

Wesen und Erscheinung sozialistischer Produktionsverhältnisse

Um die Unterschiede zwischen den beiden großen sozialen Systemen der Gegenwart – Kapitalismus und Sozialismus – in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen, ist es notwendig, das innere ökonomische Wesen beider Gesellschaftsordnungen voll zu erfassen. Das wird deutlich, wenn man z. B. folgende Darstellung des Jugoslawen W. Bukaric liest: „Die Entwicklung der Produktivkräfte führte dazu, dass heute überall in der Welt die Planungstendenz besteht, die im Prozeß den bestehenden Markt liquidieren und zur bewusst organisierten Arbeitsteilung führen würde. Diese Tendenz wird nicht gerade bewusst durchgeführt. Sie plant das Kapital, das Großkapital. Dieses plant den Markt und verbindet die Produktion mit dem Markt. Auch jene sozialistischen Länder planen, die das Kapital nationalisiert haben. Überall blieb jedoch die Warenproduktion. Die eine wie die andere Art der Planung hat etwas an ihr verändert, aber das Endprodukt blieb die Ware. Der Rahmen der Gesellschaft ist so, dass es nirgendwo in der Welt eine bewusste Arbeitsteilung gibt. Die Produktivkräfte haben sie noch nicht erlaubt, so dass die Produktionsverhältnisse immer noch als Verhältnisse zwischen Dingen in Erscheinung treten.“[1] Die Auffassung, dass im Sozialismus Ware-Geld-Beziehungen herrschen, ist unter marxistischen Politökonomen allgemein verbreitet. Doch obwohl „die Produktionsverhältnisse immer noch als Verhältnisse zwischen Dingen in Erscheinung treten“, hat sich das Wesen dieser Beziehungen ebenso grundlegend verändert wie die Machtverhältnisse, wofür ja die neuen ökonomischen Beziehungen gerade die Grundlage bilden.

Neue Gedanken, aber Halbheiten

Buchbesprechung zu „Theoretische Probleme der Ware-Geld-Beziehungen im entwickelten Sozialismus“, Autorenkollektiv, Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1976