(Bezüglich Klaus Müller, „Das Blättchen“, Nr. 17/2016)
Der Autor fragt: „…wie erging es dem Gold seit dem denkwürdigen
Tag im August vor 45 Jahren?“ – Um gegen Ende seines Beitrages festzustellen: „Gold
hatte seine währungspolitische Bedeutung bewahrt; es war nach wie vor begehrt.
Nur so ist der Rücktritt von der Umtauschpflicht logisch, und es wundert, dass
der Mehrheit der Währungsexperten dieser naheliegende Grund bis heute nicht
aufgegangen ist.“
Ja, als ganz besondere, weitgehend wertbeständige und jederzeit
tauschbare Ware blieb es was es gewesen war: ein Edelmetall mit all seinen
begehrten Gebrauchseigenschaften. Wegen dieser Eigenschaften hat es zwar auch
seine währungspolitische Bedeutung bewahrt, doch diese Währungspolitische
Bedeutung dürfte es wohl kaum gewesen sein, was den Bruch des Abkommens von
Bretton Woods durch die USA „logisch“ machte. Es war doch wohl vor allem die
Gefahr des Totalverlusts eines ungeheuren sachlichen Reichtums und universellen
Schatzes, was die USA zu diesem Schritt veranlasste. Hätten sie diese Gefahr
1944 für Real gehalten, so dürften sie ihr Gold wohl kaum als Basis eines internationalen
Währungssystems zur Disposition gestellt haben. Nur dank ihres Goldes konnten
sie sich das Vertrauen aller Partner des Abkommens erschleichen und auf deren
Kosten ihre imperiale Politik durch ungeheure Verschuldung finanzieren. Doch
der Krug – um mit Heinrich von Kleist zu sprechen – ging so lange zu Wasser,
bis er brach. Gerade mal 27 Jahre.
Für mich ist die noch spannendere Frage: Wie erging es
dem tatsächlich zirkulierenden (papiernen und elektronischen) Geld nach jenem
„denkwürdigen Tag im August“? Was war aus ihm
geworden? Rein äußerlich nichts Neues! Doch sein Wesen hatte sich vollkommen
verändert. Aus einem Bezugsschein auf Gold hatte es sich in einen Anspruch auf
Wert schlechthin, gesellschaftlich notwendige Durchschnittsarbeit verwandelt.
Und mich wundert vor allem, dass gerade dies der professoralen
Wirtschaftswissenschaft bis heute nicht bewusst geworden zu sein scheint – mit
all seinen ökonomischen und wirtschaftspolitischen Konsequenzen. Zu diesen gehört
besonders eine ganz neue, regulierende wirtschafts- und geldpolitische
Verantwortung der Zentralbanken und des Bankensystems als gesellschaftlicher
Institution überhaupt. Unser Geld war – nicht erst damals, aber damals endgültig
und eigentlich offensichtlich – aus einer Ware (wenn auch Geldware) zu einem gesellschaftlichen Dokument geworden, das allem
Wirtschaften den privaten Charakter auch formal genommen hat. Und schließlich
ist festzustellen: Aus einem System von Millionen privaten Betriebsabrechnungen
ist ein System gesellschaftlicher Buch- und Rechnungsführung über
Wirtschaftseinheiten hervorgegangen, die mit einem hohen Grad von
Eigenverantwortung tätig sind. Nichtsdestotrotz hat in diesem neuen System die
Allgemeinheit alle Konsequenzen des Wirtschaftens zu tragen: egal, ob es sich
beispielsweise um die Nachfolgekosten der Atommüllentsorgung bei der
Energiegewinnung handelt oder um die Kosten der Nutzung von Solar- und
Windenergie oder um die Kosten des jüngsten VW-Skandals. Alle Kosten kommen
irgendwann beim Endverbraucher und Steuerzahler an.
Doch das Erstaunlichste von allem ist, dass noch immer
der Glaube dominiert und regiert, Kapitalverwertung, Verwandlung von Geld in
mehr Geld, könne ein vernünftiges und effizientes Ziel gesellschaftlicher Produktion
sein, dass Spekulation auf Märkten aller Art noch immer als Möglichkeit der
Einkommensvermehrung sogar von Staatshaushalten, Lebens- und
Rentenversicherungen geachtet statt geächtet wird.