Freitag, 22. Oktober 1976

Wesen und Erscheinung sozialistischer Produktionsverhältnisse

Um die Unterschiede zwischen den beiden großen sozialen Systemen der Gegenwart – Kapitalismus und Sozialismus – in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen, ist es notwendig, das innere ökonomische Wesen beider Gesellschaftsordnungen voll zu erfassen. Das wird deutlich, wenn man z. B. folgende Darstellung des Jugoslawen W. Bukaric liest: „Die Entwicklung der Produktivkräfte führte dazu, dass heute überall in der Welt die Planungstendenz besteht, die im Prozeß den bestehenden Markt liquidieren und zur bewusst organisierten Arbeitsteilung führen würde. Diese Tendenz wird nicht gerade bewusst durchgeführt. Sie plant das Kapital, das Großkapital. Dieses plant den Markt und verbindet die Produktion mit dem Markt. Auch jene sozialistischen Länder planen, die das Kapital nationalisiert haben. Überall blieb jedoch die Warenproduktion. Die eine wie die andere Art der Planung hat etwas an ihr verändert, aber das Endprodukt blieb die Ware. Der Rahmen der Gesellschaft ist so, dass es nirgendwo in der Welt eine bewusste Arbeitsteilung gibt. Die Produktivkräfte haben sie noch nicht erlaubt, so dass die Produktionsverhältnisse immer noch als Verhältnisse zwischen Dingen in Erscheinung treten.“[1] Die Auffassung, dass im Sozialismus Ware-Geld-Beziehungen herrschen, ist unter marxistischen Politökonomen allgemein verbreitet. Doch obwohl „die Produktionsverhältnisse immer noch als Verhältnisse zwischen Dingen in Erscheinung treten“, hat sich das Wesen dieser Beziehungen ebenso grundlegend verändert wie die Machtverhältnisse, wofür ja die neuen ökonomischen Beziehungen gerade die Grundlage bilden.



Auf der Basis des gesellschaftlichen (im Sinne des gesamtstaatlichen) Eigentums an den Produktionsmitteln ist der demokratische Zentralismus die einzig mögliche Form der Wirtschaftsleitung der Gesellschaft. Er verbindet die Aktivität und Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Struktureinheiten der Wirtschaft mit der zentralen Leitung und Planung der Volkswirtschaft. Da das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln im Interesse der gesamten Gesellschaft genutzt werden soll (worin gerade seine Qualität als gesellschaftliches Eigentum besteht), braucht die Gesellschaft einen zentralen Leitungs- und Planungsmechanismus, der die Aktivität der einzelnen Struktureinheiten entsprechend den gesamtgesellschaftlichen Zielen und Aufgaben der Produktion koordiniert. Das bedeutet, dass die Verbindung und die Art und Weise der Verbindung und Beziehungen zwischen den Struktureinheiten nicht spontan (wie auf der Basis des Privateigentums an den Produktionsmitteln) entsteht, sondern vom Staat als der organisierenden Kraft der Gesellschaft bewusst, entsprechend den Zielstellungen, gestaltet wird, im Sinne der Koordinierung der Aktivitäten der Struktureinheiten.

Was der sozialistische Staat nach der sozialistischen Revolution in der Wirtschaft vorfindet, beziehungsweise fand, ist ein historisch gewachsenes System einzelner Betriebe (bzw. Gesellschaften), die jeder für sich bis dahin Privateigentum waren, demzufolge über eine eigene, nur auf die Wirtschaftlichkeit dieses einen Unternehmens gerichtete Buch- und Rechnungsführung besaßen und über bestimmte, ebenfalls historisch gewachsene mehr oder weniger stabile Produktions- und Lieferbeziehungen zu anderen verfügten. Diese Beziehungen zu anderen Betrieben wurden auf der Grundlage des Kaufs und Verkaufs von Waren nach den Gesetzen der Warenproduktion abgewickelt. Außerdem findet oder fand der sozialistische Staat den ganzen Mechanismus des bürgerlichen Staatshaushalts und des bürgerlichen Finanzsystems vor.

Die Deklaration der Produktionsmittel und aller mit ihnen erzeugten Werte zu gesellschaftlichem Eigentum schafft an sich bereits, ohne jede andere organisatorische Veränderung, grundsätzlich neue ökonomische Verhältnisse und Beziehungen. Das Wichtigste besteht dabei darin, dass die gesamte Produktion einem völlig neuen Ziel untergeordnet ist, nämlich der Befriedigung der Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft (und nur in dem Maße, wie die Produktion tatsächlich diesem Ziel untergeordnet ist, sind die Produktionsmittel wirklich gesellschaftliches Eigentum). Bis dahin bestand das Ziel der Produktion jedes einzelnen Betriebes darin, das betriebliche Kapital, bestehend aus c+v, zu verwerten und in c+v+m[2] zu verwandeln, das heißt einen Mehrwert m zu produzieren, und durch Verkauf des erzeugten Produkts auf dem Markt in Geldform zu realisieren. Allein in der Bewegung des Kapitals nach der Formel G-W-W’-G’, in der Realisierung von delta g, dem Geldzuwachs, bestand das Ziel der Produktion. Dazu bedurfte es der Warenzirkulation zwischen den Betrieben nach der Formel G-W-G-W-G…, wobei das Geld als „allgemeine Ware“ das Zirkulationsmittel darstellte. Das Geld war selbst eine Ware mit Wert und Gebrauchswert. Es musste auf der Basis des Privateigentums eine solche „allgemeine“ tatsächliche Ware sein (als Papiergeld vertrat es nur das Edelmetall, welches selbst in den Tresoren der Banken lagerte), weil der private Produzent ein Faustpfand in der Hand haben musste, also nur eine besondere Ware in die allgemeine, jederzeit in jede beliebige andere Ware eintauschbare Geldform der Ware eintauschen wollte. In jedem beliebigen Zirkulationsakt, in jedem Tauschakt wurde also der Wert der einen Ware, die zu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendige Arbeit, im Gebrauchswert der anderen, des Goldes, dargestellt. Ursächliche Voraussetzung für diese Darstellung des Werts der einen Ware, d. h. der in ihr vergegenständlichten gesellschaftlich notwendigen Arbeit im Gebrauchswert einer anderen Ware, des Goldes, war gerade die Verausgabung der gesellschaftlichen Arbeit als private Arbeit. Als verausgabte gesellschaftliche (als Teil der gesellschaftlichen Arbeit verausgabte) Arbeit interessierte ihre qualitative, Gebrauchswert schaffende Seite. Als verausgabte private Arbeit interessierte ihre quantitative, Wert schaffende Seite. Diesen Wert wollte der Warenverkäufer in seiner verselbständigten Form, im Gebrauchswert des Goldes realisieren. Tatsächlich wurde Ware gegen Ware, Gebrauchswert gegen Gebrauchswert getauscht auf der Basis der Wertgleichheit dieser Gebrauchswerte, der Gleichheit des zu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwandes. Grundlage für diesen Akt war der aus der Vereinzelung der Kontrahenten auf Grund ihrer privaten Produktion resultierende Interessengegensatz in Bezug auf den Gebrauchswert (jeder benötigte den im Besitz des anderen befindlichen Gebrauchswert, in jedem Gebrauchswert hauste der Wille seines Besitzers), bei gemeinsamem, gleichem, aus der Gesellschaftlichkeit ihrer Produktion, d. h. aus der Arbeitsteilung auf der Grundlage des Privateigentums resultierendem Interesse, ihre Produkte im Verhältnis der zu deren Produktion notwendigen gesellschaftlichen Arbeit auszutauschen. Dieser aus dem Privateigentum folgende Interessengegensatz der Warenbesitzer ist also die Voraussetzung für die Darstellung des Wertes der einen Ware (des zu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwandes) im Gebrauchswert der anderen Ware, des Wertes von beispielsweise ein Paar Schuhen im Gebrauchswert von, sagen wir, einem Gramm Gold, und überhaupt für den Doppelcharakter der Ware als Wert und Gebrauchswert und damit für den Doppelcharakter der Waren produzierenden Arbeit. Dabei ist diese Darstellung des Wertes der einen Ware im Gebrauchswert der anderen notwendigerweise ein spontaner Prozeß. Er geht in jedem Tauschakt separat vor sich, weil Produktion und Austausch privat erfolgen. Eben deshalb kann der Wert einer Ware, die zu ihrer Produktion notwendige Arbeit, nicht direkt und authentisch in deren natürlichem Maß, der Zeit ihrer Verausgabung, dargestellt werden. Der Wert muß notwendigerweise im Gebrauchswert der Geldware, d. h. im Geldausdruck oder in der Preisform[3] dargestellt werden. Darin liegt sowohl die Möglichkeit als auch die Notwendigkeit dafür, dass sich die Waren nur im gesellschaftlichen Durchschnitt zu ihren Werten austauschen und dass der Wert selbst nur von der durchschnittlich notwendigen als gesellschaftliche Durchschnittsarbeit (mit durchschnittlicher Intensität, Qualifikation usw.) bestimmt wird, dem Einzelnen in der Regel auch gar nicht bekannt ist.

Wollte also nach der allgemeinen Verstaatlichung ein volkseigener Betrieb sein Produkt verkaufen, so müsste er die darin vergegenständlichte (nicht die gesellschaftlich durchschnittlich notwendige) Arbeit in einem bestimmten Quantum Gold ausdrücken, das gleich viel Arbeit enthält. Er würde dann auf dem Markt feststellen, dass sein Preis dem gesellschaftlichen Durchschnitt für dieses Produkt gerade entspricht oder darüber bzw. darunter liegt. Am Ende würde er den Marktpreis, den gesellschaftlichen Durchschnitt, den Wert realisieren, der sich teilen würde in c, v und m. Doch würde das voraussetzen, dass dieser volkseigene Betrieb, wie alle anderen, mit seiner Produktion nur das Ziel verfolgt, diesen anderen Gebrauchswert, das Gold als Geld, einzutauschen, um mit ihm von neuem Waren einzukaufen, zu produzieren und Wert zu realisieren. Kurz, Verwertung von Wert müsste allgemeines Ziel der Produktion sein, wie zuvor im Kapitalismus. Und wie im Kapitalismus müsste jeder Tausch auf dem Interessengegensatz der einzelnen Produzenten (Betriebe) beruhen, die sich alle als Besitzer der Produkte gegenüberstehen, an deren Gebrauchswert jeweils der andere Partner interessiert ist und in denen jeweils der betriebliche Wille des jeweiligen Produzenten haust. Kurz, allgemeine Konkurrenz und Anarchie der Produktion wäre vorausgesetzt.

Die Produktion aller volkseigenen Betriebe wird bzw. wurde dagegen nach ihrer Entstehung aus der Verstaatlichung des Privateigentums den gesellschaftlichen Interessen, der Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse, dem Staatsplan untergeordnet. Dabei wurden bisher zwar die historisch überkommenen Formen des Kaufs und Verkaufs der Produkte zwischen den Betrieben beibehalten. Doch haben diese Beziehungen einen völlig neuen Inhalt, der sich aus dem gesellschaftlichen Eigentum und der darauf beruhenden Planmäßigkeit sowohl der materiell-sachlichen als auch der finanziellen Beziehungen ergibt.

Mit der planmäßigen Koordinierung der Produktionsbeziehungen zwischen den einzelnen Wirtschaftseinheiten im gesellschaftlichen Reproduktionsprozess ist die in den Betrieben verausgabte Arbeit von vornherein als gesellschaftlich notwendig anerkannt; und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Qualität als auch hinsichtlich ihrer Qualität. Dabei schließen der ständige technische Fortschritt, die unterschiedliche konkrete natürliche ökonomische und soziale Situation aus, dass alle Produzenten des gleichen Erzeugnisses unter gleichen Bedingungen produzieren. Diese Unterschiede in den Bedingungen der Produktion zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Zeitabschnitt sind also gesellschaftlich notwendig. Das gilt auch für den Kapitalismus. Doch wird dort dem Verkäufer nur der durchschnittlich notwendige Aufwand anerkannt, der sowohl die besseren als auch die schlechteren Bedingungen einschließt. Und das muß so sein, weil jeder Betrieb, jeder Kapitalist auf eigene Rechnung, privat produziert. Auch der Aufwand des unter ungünstigeren Bedingungen als im gesellschaftlichen Durchschnitt arbeitenden Betriebes ist gesellschaftlich notwendig. Aber während er mit seinem hohen Preisangebot auf dem Markt das gesellschaftlich durchschnittliche Maß zwar anhebt, realisiert er auf Grund der Konkurrenz der Produzenten doch nur diesen Durchschnitt. Sein Streben nach Profit, Mehrwert, zwingt ihn, seine Produktionsbedingungen ständig zu verbessern, seinen individuellen Aufwand auf das gesellschaftlich durchschnittliche Maß oder darunter zu senken. Der Widerspruch zwischen gesellschaftlich durchschnittlichem Aufwand (Wert) und individuellem Aufwand basiert also direkt auf dem Widerspruch und Interessengegensatz zwischen dem einzelnen Produzenten und der Gesamtheit aller anderen, der sich im Konkurrenzkampf entfaltet, stets setzt und löst. Seine Grundlage ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln.

Im Sozialismus existiert weder der Widerspruch zwischen den Betrieben, noch auf seiner Grundlage der Widerspruch zwischen betrieblichen und gesellschaftlich durchschnittlich notwendigem Aufwand. Alle Produzenten sind hier dem gesellschaftlichen Gesamtwillen untergeordnet. Als unmittelbare Teile der Gesellschaft sind ihre Interessen nicht vereinzelt und damit nicht entgegengesetzt, sondern auf die Verrichtung der gesellschaftlich notwendigen Gesamtarbeit gerichtet, jeder unter seinen konkreten Bedingungen. Ihr individueller Aufwand ist unmittelbarer Teil des gesellschaftlich notwendigen Gesamtaufwandes.

Wollte der sozialistische Staat nun nur den durchschnittlich notwendigen Aufwand im Preis erstatten, müsste er die Betriebe voll verantwortlich machen für die Erreichung oder Unterbietung dieses durchschnittlich notwendigen Aufwands, d. h. für die Gestaltung ihrer individuellen Produktionsbedingungen. Da diese aber wieder entscheidend von den Reproduktionsbeziehungen zwischen den Betrieben abhängen, müsste er auf seine koordinierende Tätigkeit, d. h. auf die zentrale staatliche Leitung und Planung der Produktion verzichten. Doch ohne zentrale staatliche Leitung und Planung der Produktionsbeziehungen müsste er auch auf eine zentrale staatliche Preisbildung verzichten. Denn die Abweichung des Preises vom Wert, das Schwanken der Preise um den Wert je nach Angebot und Nachfrage, ist die Grundlage jeder spontanen Regulierung der gesellschaftlichen Produktion. Würde der Staat ohne zentrale Planung der materiell-sachlichen Produktionsbeziehungen zwischen den Betrieben verbindliche Preise festlegen, so könnte er diesen Preisen ohnehin nicht den durchschnittlich notwendigen Aufwand zu Grund legen, sondern müsste über den Preis die gesellschaftliche Produktion regulieren. Er könnte also mit seiner Preisbildung nicht anderes tun, als was sich ohne staatliche Preispolitik ohne hin vollzöge, nämlich Preisbildung nach Angebot und Nachfrage. Und er setzte eine gewaltige Maschinerie mit hohen Kosten in Bewegung, um etwas zu erreichen, was sich anders von allein regelte. Im anderen Fall, wenn der Staat verbindliche Preise bildete, die sich nicht nach den Gesetzen des Marktes richteten, sondern nur den (durchschnittlich) notwendigen Aufwand repräsentierten, müsste er einen Mechanismus schaffen, der gewährleistet, dass erstens die gesellschaftliche Gesamtarbeit in den notwendigen Proportionen auf die verschiedenen Zweige und Produkte verteilt wird und zweitens die Mehreinnahmen der untergünstigeren Bedingungen arbeitenden Betriebe zu Gunsten der unter ungünstigeren, aber gesellschaftlich notwendigen Bedingungen arbeitenden Betriebe umverteilt werden, die ihren Aufwand mit den Einnahmen nicht decken können. Das heißt, der Staat müsste doch die zentrale Leitung und Planung der gesellschaftlichen Produktion übernehmen und durch Steuern und sonstige Abgaben einen Umverteilungsmechanismus über den Staatshaushalt schaffen, also letztlich den individuellen Aufwand der Betriebe erstatten.

Historisch hat der sozialistische Staat tatsächlich diesen zuletzt aufgezeigten Weg beschritten und konnte gar keinen anderen Weg gehen. Er übernahm vom Kapitalismus ein historisch gewachsenes System von Betrieben, die gegenseitig ihre Produkte als Waren verkauften. Was die zur Macht gekommene Arbeiterklasse nach der Verstaatlichung des Privateigentums tun konnte und musste, war, die historisch entstandenen Preise in einem Festpreissystem zu fixieren und die historisch entstandenen Produktionsbeziehungen zwischen den Betrieben, d. h. die volkswirtschaftliche Struktur, aufrechtzuerhalten und planmäßig zu vervollkommnen.[4] Sie musste dazu den übernommenen bürgerlichen Staatshaushalt und das gesamte Finanzsystem weiterentwickeln und so gestalten, dass über den Staatshaushalt die finanziellen Mittel der Betriebe entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen umverteilt wurden. Dieser Umverteilungsmechanismus ersetzte den Betrieben ihren individuellen Aufwand in dem Maße, wie es zur Durchsetzung der geplanten proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft notwendig war.

Die Betriebe produzieren entsprechend dem gesellschaftlichen Plan Erzeugnisse, die sie sich gegenseitig entsprechend dem Plan liefern. Dafür erhält der Lieferer vom Bezieher den vom Staat festgesetzten Preis.Aus diesen Einnahmen deckt er seine Ausgaben (für Produktionsmittel und Arbeitslohn etc.) und weist die Differenz als Gewinn bzw. Verlust aus. Kann der Betrieb seine Ausgaben aus den Einnahmen nicht decken, erhält er aus dem Staatshaushalt (planmäßig) eine Stützung. In der UdSSR lag vor der Wirtschaftsreform Anfang der 70er Jahre bei einem Fünftel aller Industriebetriebe der Aufwand unter dem Erlös. Und im Jahre 1970 entfielen dort auf die planmäßig mit Verlust arbeitenden Betriebe knapp drei Prozent der Industrieproduktion.[5]

Die Gewinne führen die Betriebe zu einem bedeutenden Teil an den Staatshaushalt ab. In der UdSSR wird über den Staatshaushalt mehr als die Hälfte des Nationaleinkommens umverteilt.[6] Der Staat finanziert damit u. a. die „unrentablen“ Betriebe sowie einen Großteil der zentral geplanten Investitionen. Im Jahre 1971 wurde in der Sowjetunion fast die Hälfte der zentral geplanten Investitionen aus dem Staatshaushalt finanziert.[7]

Mit der Wirtschaftsreform in der UdSSR und anderen sozialistischen Ländern wurden solche ökonomischen Bedingungen geschaffen, dass alle oder zumindest die übergroße Mehrzahl der Betriebe in der Lage sind, ihre Ausgaben aus den Einnahmen zu decken, d. h. die Preise wurden weitgehend dem gesellschaftlich durchschnittlich notwendigen Arbeitsaufwand angeglichen. Doch kann der sozialistische Staat damit nicht auf eine Umverteilung über den Staatshaushalt verzichten. Denn der notwendige Aufwand für die zentral geplante Produktionsentwicklung und die zentral geplanten Bereitstellungen materieller Mittel für die Betriebe ist so unterschiedlich, dass eine vollständige Eigenerwirtschaftung der Mittel über den Preis der abgesetzten Erzeugnisse, der den gesellschaftlich durchschnittlichen Aufwand ersetzt, nicht möglich und eine Umverteilung über den Staatshaushalt notwendig ist.

Außerdem sind die Kosten im Vergleich zu den Preisen im Sozialismus ein sehr dynamisches Element. Jede Produktionsverbesserung führt zu einer Verminderung des Aufwandes an lebendiger oder vergegenständlichter Arbeit. Gleichzeitig führen die ständige Lohnbewegung sowie internationale Einflüsse zu Kostenerhöhungen (wenigstens im tatsächlichen Preisausdruck). Dieser Dynamik kann der sozialistische Staat mit seiner zentralen Preisbildung kaum kontinuierlich nachkommen.

Überhaupt unterscheidet sich der vom sozialistischen Staat planmäßig gebildete Preis nicht nur der planmäßigen Form, sondern auch seinem sozialökonomischen Inhalt nach grundsätzlich vom Preis, wie er sich in der kapitalistischen Warenproduktion auf dem Markt bildet. Dort ist der Preis der Geldausdruck des Warenwertes, d. h. der im Gebrauchswert der Geldware (Gold) ausgedrückte Warenwert. Das Geld selbst ist im Kapitalismus, wie wir gesehen haben, selbst eine (allgemeine) Ware. Diese Ware, Das Geld selbst, lagert zwar im hoch entwickelten Stadium des Kapitalismus in den Tresoren der Banken und wird auf dem Markt nur durch Geldzeichen, Papiergeld, vertreten, aber reale, logische Hintergrund jeder Tausch- bzw. Kauf- und Verkaufoperation ist der Tausch Ware gegen Gold, also Ware gegen Ware. Grundlage dafür ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln und die Realisierung des in der Geldware (im Gold) verselbständigten Warenwertes, des allgemeinen Äquivalents, das selbst tatsächlich eine Ware mit Wert und Gebrauchswert ist, aber eine jederzeit gegen jede beliebige andere eintauschbare Ware sein muß, als Ziel der Produktion. Und es kann nur auf der Grundlage des Privateigentums an den Produktionsmitteln allgemeines Äquivalent sein, unter der Bedingung also, dass kein Produzent mit seiner Produktion und seinen Lieferungen an einen zentralen staatlichen Plan gebunden ist, also jeder Produzent bereit ist und sein muß, bei Strafe seines Untergangs für dieses allgemeine Äquivalent zu bieten und zu produzieren, was auf dem Markt gefragt ist.

Der Staat der Arbeiter, der mit der Vergesellschaftung der Produktionsmittel dieses Ziel der Produktion aufgehoben und die gesamte Produktion dem zentralen staatlichen Plan untergeordnet hat, hat damit also gleichzeitig auch, wie wir ebenfalls oben sahen, die sozialökonomischen Grundlagen für die Darstellung des gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwandes im Gebrauchswert des Goldes beseitigt. Und tatsächlich gehörte die Aufhebung der Konvertierbarkeit der nationalen Währung in Gold – sofern sie noch bestand – ebenfalls zu den ersten Maßnahmen des sozialistischen Staates.

Wie drückt er aber dann den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand im Preis aus? Was ist der Preis? Was ist das Geld im Sozialismus? Auch diese Fragen lassen sich aus der historischen Entwicklung erklären. Das Preis- bzw. Währungssystem, das der sozialistische Staat historisch gewachsen vorfand, basierte auf einer bestimmten Goldparität der Währung. Dieses Goldquantum, das jede Währungseinheit repräsentierte, stellte eine bestimmte Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit dar, die in ihm vergegenständlicht war. Diese Arbeitsmenge ist in ihrem natürlichen Ausdruck und Maß, der Arbeitszeit, niemals gemessen worden (was unter den Bedingungen des Privateigentums gesellschaftlich weder möglich noch notwendig ist). Dieses Goldquantum und damit die Währungseinheit waren also zunächst für den sozialistischen Staat – wie für die kapitalistischen Warenproduzenten – eine Maßeinheit für vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit. Doch während unter kapitalistischen Bedingungen die Realität dieses Maßes auf dem Geld- und Goldmarkt täglich neu überprüft und hergestellt wird und werden muß (und sei es nicht täglich, sondern nur in Zeitintervallen, wie die letzten großen Währungskrisen zeigten), findet im Sozialismus dieser reale Austausch gegen Gold nicht mehr statt, kann und braucht auf Grund des gesellschaftlichen Eigentums nicht stattzufingen, denn die Produktion ist dem gesellschaftlichen Plan untergeordnet, und 1kg Gold würde einem Betrieb, der einen Lkw benötigt, welchen sein planmäßger Lieferant nicht bereitstellen kann, ebenso wenig diesen Lkw ersetzen wie eine Fräsmaschine, die vielleicht irgendwo über den Plan hinaus produziert wurde. Damit wird das Gold und mit ihm das Geld im Sozialismus von einem realen zu einem rein ideellen Maß vergegenständlichter gesellschaftlich notwendiger Arbeit. Für das Währungssystem innerhalb der sozialistischen Volkswirtschaft verliert das Gold also jegliche Bedeutung.

Der sozialistische Staat übernimmt also zunächst das historisch gewachsene Preis- und Währungssystem, verkündet einen allgemeinen Preisstopp und behält sich selbst allein das Recht vor, Preisveränderungen vorzunehmen und neue Preise zu bilden bzw. zu genehmigen. Nehmen wir an, dass der historisch entstandene Preis für einen Lkw 50000 Mark = 1000 g Gold betragen habe und gerade dem Wert entspräche. Dieser Produktenwert, so nehmen wir weiter an, wäre vorher in einem kapitalistischen Betrieb zerfallen in 20000 c (verbrauchte Produktionsmittel), 15000 v (Arbeitslohn) und 15000 m (Mehrwert). Für den Kapitalisten wäre der Wert eine durch den Preis auf dem Markt vorgegebene Gesamtgröße gewesen, aus der er seine Kosten zu decken hat und woraus er nach Abzug der Kosten für c und v einen Mehrwert (m) bzw. Profit einstreicht. Würde dieser kapitalistische Produzent seine Kosten auf 20000 c + 14000 v (zusammen 34000) senken, so stiege sein Profit, bei gleich bleibendem Preis von 50000, auf 16000. Steigerten alle Lkw-Produzenten in diesen kapitalistischen Verhältnissen ihre Arbeitsproduktivität, so dass der Wert des Lkw’s und damit auch sein Preis auf 48000 M = 960 g Gold sänke (auf Grund der gegenseitigen Konkurrenz der Produzenten, d. h. auf Grund ihrer einander entgegengesetzten Interessen, ihre Lkw auf dem Markt gegen Gold einzutauschen), so zerfiele der Wert jedes Lkw’s in 20000 c + 14000 v + 14000 m = 48000. Grundlage diese Preisentwicklung als Folge der Produktivitätssteigerung wäre die Gleichsetzung von Lkw und Gold auf dem Markt und die darauf beruhende Feststellung, dass nun in jedem Lkw nicht mehr so viel gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht ist wie in 1000 g Gold, sondern nur noch wie in 960 g Gold.

Für den sozialistischen Betrieb ist der Preis, respektive der Wert des Lkw’s von 50000 M zunächst eine historisch übernommene Größe, die in die Bestandteile 20000 c, 15000 v und 15000 m zerfiel. Jede Veränderung des zur Herstellung dieses Lkw gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwandes kann sich nun aber nicht mehr in einer Veränderung des Preises auf dem Markt ausdrücken und durch den Vergleich mit dem Gold feststellen lassen, weil erstens eine spontane Preisbildung und zweitens die Konvertierbarkeit des Papiergeldes in Gold ausgeschlossen ist. Sie äußert sich nun lediglich in der Veränderung der Selbstkosten, d. h. der Wertbestandteile c und v im Durchschnitt der Lkw-Produktion. Gesetzt nun den Fall, die Selbstkosten der Lkw-Produktion verringerten sich im Durchschnitt von 20000 c + 15000 v = 35000 auf 20000 c + 14000 v = 34000 und der Staat nähme keine Preisänderung vor, so würde sich der Gewinn von 15000 M auf 16000 M erhöhen. Bei einer durchschnittlichen Rate des Mehrprodukts von (hier immer angenommen) 100 Prozent der Lohnkosten betrüge aber der Wert des Lkw’s 20000 c + 14000 v + 14000 m = 48000 Mark. Der Lkw wäre also bei einer Goldparität von 50 M = 1 g Gold tatsächlich nur 960 g Gold wert und nicht 1000 g. Geht eine solche Entwicklung im Maßstab der ganzen Volkswirtschaft vor sich, d. h. bleiben bei steigender Arbeitsproduktivität die Preise konstant, so stimmt die offizielle Goldparität der Währung nicht mehr mit der tatsächlichen überein, wird also die in den Produkten vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht nur logischerweise, sondern auch tatsächlich nicht im Gebrauchswert des Goldes ausgedrückt. Das Geld ist damit nicht nur in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht nicht mehr allgemeines Äquivalent, sondern als Währungseinheit eine vom Staat festgelegte, zu einem bestimmten Zeitpunkt gültige, nur mit sich selbst identische Maßeinheit des gesellschaftlichen Arbeitsaufwandes (Hundert Mark sind heute etwas ganz anderes als vor fünf, zehn oder zwanzig Jahren, ich kann mir damit in der Regel mehr und andere Sachen kaufen als früher). Denn der Preis widerspiegelt als Festpreis nicht die Dynamik des gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwandes, und die Währungseinheit vertritt damit - in dem Maße, wie sich der tatsächliche gesellschaftlich notwendige Arbeitsaufwand verändert und sich diese Veränderung nicht im Preis niederschlägt – eine unterschiedliche Menge gesellschaftlicher Arbeit.

Will nun der Staat mit seiner Preisbildung der oben angenommenen Entwicklung der Kosten Rechnung tragen, so muß erden betrieblichen Selbstkosten der Erzeugnisse einen bestimmten Reineinkommenssatz („Gewinn“) zuschlagen, der ausreicht, um in seiner volkswirtschaftlichen Gesamtheit den finanziellen Bedarf der Betriebe für die erweiterte Reproduktion und die Ausgaben des Staatshaushaltes (wenn wir hier von den Steuereinnahmen aus der Bevölkerung absehen) zu decken. Das heißt, der Staat bildet, konstruiert den Preis für den Markt aus seinen Elementen c, v und m, statt dass, wie im Kapitalismus, der auf dem Markt aus dem Kräftespiel von Angebot und Nachfrage gebildete Preis in seine Elemente c, v und m zerfällt. Hier wird noch einmal ganz offensichtlich (und die tagtägliche Praxis zeigt das ja ebenfalls), dass die Gleichsetzung der Ware mit dem Gold überhaupt nicht mehr erfolgt, denn die Preisbildung, die Zurechnung des Reineinkommens zu den Selbstkosten richtet und kann sich nicht richten nach der tatsächlich in dem Produkt vergegenständlichten gesellschaftlich notwendigen Arbeitsmenge, sondern nach dem Bedarf der Volkswirtschaft und ihrer einzelnen Glieder an finanziellen Mitteln zur Abwicklung sämtlicher Finanzoperationen zwischen Betrieben, Staatshaushalt, haushaltfinanzierten Einrichtungen und Bevölkerung in ihrer vielseitigen Wechselwirkung.

Wenn nun von den meisten Theoretikern behauptet wird, dass dennoch das Wertgesetz im Sozialismus wirke, weil ja die Produkte als Waren ausgetauscht würden und – wenn auch im Einzelfall kein Äquivalententausch stattfinde – insgesamt in der Volkswirtschaftnicht mehr und nicht weniger ausgetauscht werden kann als an Wert produziert bzw. gesellschaftlich notwendiger Arbeit vergegenständlicht wurde, so ist dies entweder eine Tautologie oder ein völliges Missverständnis der gesellschaftlichen Beziehungen im Sozialismus. Denn daß sich im gesellschaftlichen Reproduktionsprozess nichts anderes bewegt von Produktionseinheit zu Produktionseinheit als vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit und daß diese Arbeit gemessen und verrechnet werden muß, ist selbstverständlich. Die Frage ist nur: Wie wird diese gesellschaftlich notwendige Arbeit gemessen und dargestellt – im Gebrauchswert einer bestimmten Geldware (Gold) oder in ihrer natürlichen Form bzw. einem Synonym dafür?

Wir haben oben gesehen, dass erstens der sozialistische Staat den Betrieben nicht den gesellschaftlich notwendigen, sondern den individuellen Aufwand an gesellschaftlicher Arbeit ersetzt (gegebenenfalls durch Zuschüsse vom bzw. Abführungen an den Staatshaushalt) und zweitens die vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht mehr im Gebrauchswert einer als allgemeines Äquivalent fungierenden Ware dargestellt wird, sondern in staatlich festgelegten Einheiten für gesellschaftliche Arbeit, Währungseinheiten, deren Denomination vom Gold rein geschichtlich ist und qualitativ mit der Verstaatlichung der Produktionsmittel sofort und quantitativ sehr bald nach der Sozialisierung der Wirtschaft aufgehoben ist. Woher erhält dann aber das Geld, die Währungseinheit, seine quantitative Bestimmtheit als Maß gesellschaftlicher Arbeit? Wo wird denn das Verhältnis von Währung und gesellschaftlicher Arbeit tatsächlich gemessen? Messung, d. h. Gleichsetzung muß stattfinden, sonst ist das Maß kein Maß. Die Währungseinheit ist ja nur ein Synonym für vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit. Dieses Synonym kann in seinem quantitativen Verhältnis zu dem, was es repräsentiert, der gesellschaftlichen Arbeit, nicht aus der Luft gegriffen sein. Es muß eine bestimmte Menge gesellschaftlicher Arbeit repräsentieren. Welche ist diese bestimmte Menge gesellschaftlicher Arbeit, die eine Währungseinheit repräsentiert? Die in einem bestimmten Goldquantum vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit ist es nicht und kann es nicht sein, wie wir ausführlich nachgewiesen haben, weil diese Gleichsetzung - und damit Messung – mit der im Gold vergegenständlichten Arbeit nicht mehr stattfindet, ja die staatliche Preisbildung nach Prinzipien und Regeln erfolgt, die auch im Durchschnitt der Volkswirtschaft zu einer Abweichung der Preise vom Wert (der Preissumme der Waren von deren Wertsumme), ausgedrückt im Gebrauchswert des Goldes, zur Nichtübereinstimmung zwischen nominellem und realem „Goldgehalt“ der Währung führen muß. Ja, weil die Realisierung von Wert, dargestellt im Gebrauchswert des Goldes, nicht mehr allgemeines Ziel der Produktion ist, damit auch nicht die Gleichsetzung der in den verschiedenen Produkten einerseits und der im Gold vergegenständlichten Arbeit andererseits das allgemeine Medium für die Messung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit ist und sein kann, kann auch die im Gold vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit , das heißt das Gold, nicht das allgemeine Maß für die gesellschaftlich notwendige Arbeit sein, sondern es, das Gold, wird selbst, soweit es verkauft wird, zu einem Produkt wie jedes andere, dessen Preis wie der jedes anderen Produkts nach staatlichen Preisbildungsprinzipien gebildet wird. Das Gold ist nicht das allgemeine Äquivalent und nicht das Maß der gesellschaftlich notwendigen Arbeit.

Wie und wo misst also die Währungseinheit tatsächlich die gesellschaftliche Arbeit? Im Preis der Erzeugnisse tut sie es auch nicht. Hier schlägt der Staat den betrieblichen Selbstkosten, die selbst schon in Währungseinheiten ausgedrückt sind, nur noch ein bestimmtes Quantum Reineinkommen („Gewinn“) zu, ebenfalls in Währungseinheiten ausgedrückt. Da also die in den Produkten vergegenständlichte Arbeit immer im Währungsausdruck erscheint, kann die von der Währungseinheit repräsentierte Menge gesellschaftlicher Arbeit nicht selbst in vergegenständlichter Arbeit gemessen werden, wenn sie nicht – und wir sahen, dass dies im Sozialismus nicht vor sich geht – im Gebrauchswert eines bestimmten Produkts dargestellt wird. Die quantitative Gleichheit setzt immer die qualitative Ungleichheit voraus, wenn ich nicht die unsinnige Feststellung treffen will, dass eine Währungseinheit soviel vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit repräsentiert wie eben diese eine Währungseinheit. Was für die Messung der von der Währungseinheit repräsentierten Menge vergegenständlichter gesellschaftlicher Arbeit bleibt, ist also ihre Gleichsetzung mit der gesellschaftlichen Arbeit in ihrer noch lebendigen Form. In dieser Daseinsweise existiert die gesellschaftliche Arbeit direkt selbst sichtbar und messbar. Und diese Messung, Gleichsetzung, findet wirklich real statt: mit der täglichen Zahlung von Arbeitslohn. Das heißt also, dass die Währungseinheit nicht die vergegenständlichte, sondern die lebendige Arbeit misst und darstellt. Denn mit dieser – und nicht mit jener – wird sie wirklich gleichgesetzt. Die Aushandlung und Festsetzung des Arbeitslohns ist das wirkliche Medium, wo gemessen wird, wie viel gesellschaftliche Arbeit die Währungseinheit repräsentiert, denn nur hier begegnen sich auch wirklich verschiedene Interessen, nämlich die individuellen Interessen der Werktätigen dem vom Staat repräsentierten gesellschaftlichen Gesamtinteresse. Die von der Währungseinheit dargestellte Menge gesellschaftlicher Arbeit wird also von der im gesellschaftlichen Durchschnitt für ihre Zahlung geleisteten lebendigen Arbeutsmenge bestimmt, die sich selbst in ihrem natürlichen Maß, der Zeit ihrer Verausgabung, misst. Jede Veränderung des gesellschaftlichen Durchschnittslohnes verändert also auch das Maß der gesellschaftlichen Arbeit, die von der Währungseinheit repräsentierte Menge gesellschaftlicher Arbeit. Steigt der gesellschaftliche Durchschnittslohn beispielsweise von 5,- M auf 10,- M pro Stunde, so sinkt die von einer Mark repräsentierte Menge gesellschaftlicher Arbeit von 1/5 Stunde auf 1/10 Stunde.

Was der sozialistische Staat mit der Vergesellschaftung des Eigentums aus den Händen der Kapitalisten übernahm, war eine bestimmte Menge materiell-sachlicher und finanzieller Fonds, Produktionsmittel (Maschinen und Anlagen, Gebäude, Rohstoffe und Materialien) und Konsumgüter einerseits und Geldmittel andererseits. Diese Geldmittel waren ihrer Natur nach Gold, das in den Tresoren der Banken lagerte (wir gehen davon aus, daß das Papiergeld und Buchgeld wirklich volle Golddeckung besaß). Die in diesem, nun gesellschaftlichen, Reichtum vergegenständliche gesellschaftlich notwendige Arbeit war erfasst und ausgedrückt in einem System der betrieblichen (Betriebe, Gesellschaften und Banken) sowie gesellschaftlichen (Staatshaushalt) Buchführung. Aber dieser gesamte Reichtum war nun einheitlicher gesellschaftlicher Reichtum, der zwar einerseits praktisch von der „ersten Stunde“ an auf Grund der zentralen staatlichen Leitung und Planung der Produktion wirklich im Interesse der ganzen Gesellschaft genutzt, aber andererseits nicht sofort in einer einheitlichen, gesamtgesellschaftlichen Buch- und Rechnungsführung erfasst werden konnte, weil dazu die notwendigen theoretischen und organisatorischen Voraussetzungen fehlten. Es war zwar (objektiv) notwendig, aber nicht möglich, „die gesamte Gesellschaft … (in) ein Büro und eine Fabrik“[8] zu verwandeln. Der sozialistische Staat ließ also die Betriebe als wirtschaftlich-organisatorisch selbständige Einheiten bestehen, die sich ihre Produkte gegenseitig als „Waren“ „verkaufen“. Der Betrieb erhielt einen bestimmten Teil des gesellschaftlichen Reichtums zur Verfügung, den er im Interesse der Gesellschaft zu nutzen und zu mehren hatte. Doch haben wir bereits gesehen, dass diese Verfügung notwendigerweise durch die zentrale staatliche Leitung und Planung der Produktion, durch die zentrale staatliche Preisbildung und durch die zentral festgelegten Zu- und Abführungen an den Staatshaushalt eigentlich auf die unmittelbare betriebliche Organisation der Produktion entsprechend den zentralen staatlichen Vorgaben reduziert ist. Obwohl der Staat, das Machtinstrument der Arbeiterklasse, bisher keine direkte gesamtgesellschaftliche Buch- und Rechnungsführung entwickelte, musste er dafür doch eine indirekte Form finden (bzw. hat sie ziemlich unbewusst gefunden), weil den einzelnen Betrieben, wie wir oben sahen, nicht der durchschnittlich gesellschaftlich notwendige, sondern der betriebliche notwendige Aufwand ersetzt, belassen oder irgendwie zugeteilt wird und werden muß. Und dazu bot sich nichts Geeigneteres als der vom bürgerlichen Staat übernommene Staatshaushalt an. Denn der bürgerliche Staatshaushalt war ja bereits die Keimform einer gesellschaftlichen Buchführung – wenn auch im Interesse der herrschenden Kapitalistenklasse. Der sozialistische Staat brauchte also in dieser Hinsicht nichts völlig Neues zu erfinden, sondern musste diesen bürgerlichen Staatshaushalt entsprechend den neuen gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen weiterentwickeln.

Objektiv notwendig wäre es schon unmittelbar nach der sozialistischen Revolution, nach der Verstaatlichung des Privateigentums an den Produktionsmitteln gewesen, den Staatshaushalt in ein Instrument der gesellschaftlichen Buch- und Rechnungsführung über die Produktion und Verteilung der materiellen Güter, d. h. über die Verausgabung der gesellschaftlichen Arbeit als lebendige Arbeit und ihre Bewegung durch den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess als vergegenständlichte Arbeit zu verwandeln. Weil dafür aber nicht die notwendigen subjektiven Voraussetzungen gegeben waren und die finanziellen Beziehungen zwischen den Betrieben so organisiert wurden, dass nicht einfach die Kosten von Produktionsstufe zu Produktionsstufe verrechnet werden, sondern der „gesellschaftlich notwendige Aufwand“ in einem vom Staat festgelegten „Preis“ erstattet wird, „erwirtschaftet“ werden soll, musste der Staatshaushalt wenigstens zu einem Instrument der Umverteilung finanzieller Mittel entwickelt werden.

Wir haben oben gesehen, dass mit der zentralen staatlichen Preisbildung auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln die Währungseinheit nicht mehr ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter Arbeit (ausgedrückt im Gebrauchswert einer bestimmten Geldware, des Goldes) repräsentiert, sondern direkt eine bestimmte Menge verausgabter lebendiger Arbeit darstellt. Damit ist aber der Preis eines Produkts, der in dieser Währung ausgedrückt wird, nicht mehr Geldausdruck eines Warenäquivalents, sondern staatliche Bescheinigung über soundso viel geleistete, vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit. Was Betrieb A beim Verkauf seines Lkw’s für 50000 M an Betrieb B mit eben diesen 50000 Mark von diesem erhält, sind weder 1000 g Gold noch eine Anweisung darauf, sondern nichts weiter als eine Bestätigung, dass A ein Produkt geliefert hat, in dem so viel gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht ist, wie 50000 M repräsentieren. Auf Grund der zentralen staatlichen Leitung und Planung der Produktion und des staatlich festgelegten Systems von Zu- und Abführungen an den Staatshaushalt sind die 50000 M auch keine Anweisung auf irgendwelche Produkte, in denen gleich viel gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht ist, sondern tatsächlich nur eine Bestätigung über diese gelieferte Arbeitsmenge. Denn erstens bleiben dem Betrieb nach seinen Abführungen an den Staatshaushalt quantitativ nicht diese 50000 M, und zweitens hat er qualitativ damit noch keinen Anspruch auf Lieferung irgendwelcher Produkte, Produktionsmittel zum gleichen Betrage, wenn diese Lieferungen nicht im staatlichen Plan vorgesehen bzw. bestätigt sind.

Wir sehen also, dass die Buchführung der Betriebe mit dem Staatshaushalt zu einem System der gesamtgesellschaftlichen Buch- und Rechnungsführung verschmilzt. Die Buchführung des einzelnen Betriebes ist erstens mit der Buchführung seiner Lieferanten von Produktionsmitteln, deren Arbeitsaufwand im Preis dieser Produktionsmittel (mehr oder weniger exakt) ausgedrückt ist, zweitens mit der Buchführung der Abnehmer seines Produkts, dessen Arbeitskosten in seinem Preis dargestellt werden, und drittens mit dem Staatshaushalt, der aus den Einnahmen des Betriebes bestimmte Abführungen erhält oder Zuschüsse gewährt, um die betrieblichen Kosten zu decken, verbunden.

Während die Bewegung der Produkte von Produktionsstufe zu Produktionsstufe, von Betrieb zu Betrieb die reale Bewegung der vergegenständlichten gesellschaftlichen Arbeit ist bzw. einschließt (denn nur in diesen Produkten ist sie tatsächlich vergegenständlicht), sind alle finanziellen Transaktionen nichts weiter als die ideelle, buchmäßige Widerspiegelung und Darstellung der realen Bewegung der in den Produkten vergegenständlichten Arbeit. Denen sieht man nämlich nicht an, wie viel gesellschaftliche Arbeit sie in sich tragen. Wenn also Betrieb A von C Produktionsmittel zum Betrage von, sage, 200 Mio. M erhält, um damit Lkw zu produzieren, so sind diese 200 Mio. M für C kein Äquivalent, sondern lediglich eine Bestätigung, dass C wirklich Produkte geliefert hat, in denen gesellschaftliche Arbeit zum Betrage von 200 Mio. M steckt. Für A sind diese 200 Mio. M nicht weiter als die ideelle, buchmäßige Dokumentation, dass er diese Menge vergegenständlichter Arbeit übernommen und in seinem Bestand hat. A erhält von C tatsächlich (in Produktionsmitteln) vergegenständlichte Arbeit, gibt aber an C weder ein tatsächliches Äquivalent noch eine wirkliche Anweisung darauf, sondern nicht mehr als eine Quittung diese real erhaltene Arbeitsmenge. Woher nimmt er, A, aber dieses „Geld“, bzw. mit welchem Recht kann er vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit entgegennehmen und dafür Quittungen ausstellen? Mit dem Recht, das ihm vom Staat im staatlichen Plan gegeben ist. Der Staat hat Betrieb A im Plan beauflagt, beispielsweise pro Jahr 10000 Lkw zum „Preis“ von je 50000 M zu produzieren, wovon 20000 aus verbrauchten Produktionsmitteln, geliefert von C, übertragen werden. Betrieb A muß als, verbunden mit dieser Pflicht, auch das Recht haben, die erforderlichen Produktionsmittel zum Betrage von 200 Mio. M von C zu beziehen und diese Lieferungen dem C zu bestätigen. Er erhält dafür vom Staat planmäßig einen entsprechenden finanziellen Fonds (den er planmäßig entweder selbst zu erwirtschaften hat[9] oder aus Zuschüssen des Staatshaushalts bezieht). Dieser finanzielle Fonds, der auf einem Konto bei der staatlichen Bank existiert, ist seinem Wesen nach nichts anderes als ein Quittungsblock mit Wertmarken über einen bestimmten Gesamtbetrag verausgabter gesellschaftlicher Arbeit. Er kann auch gar nichts anderes sein, wenn die Währung allgemein nicht Vertreterin eines wirklichen Äquivalents, eines bestimmten, jederzeit eintauschbaren und wirklich eingetauschten Gebrauchswerts (Gold) ist, in dem eine bestimmte Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit vergegenständlicht ist, sondern nur die ideelle Darstellung einer bestimmten Menge verausgabter gesellschaftlicher Arbeit.

An diesem Wesen der finanziellen Fonds im Sozialismus ändert auch die Tatsache nichts, dass der Betrieb sie durch den „Verkauf“ seiner Produkte selbst erwirtschaften muß. Die Gesellschaft, ihr Staat, übt damit lediglich eine bestimmte Form der Kontrolle über die Arbeit des Betriebes aus. Sie bindet damit das Recht des Betriebes auf Bezug bestimmter materieller Mittel (und Leistungen) an ein ordentliches (planmäßiges) Wirtschaften, das sich darin ausdrückt, dass der Betrieb mit den geplanten materiell-sachlichen Aufwendungen ein bestimmtes planmäßiges Produkt (oder Leistung) hervorbringt. Aber der Betrieb erwirbt sich damit eben kein tatsächliches materielles Äquivalent oder einen Anspruch darauf. Ja, er erwirbt sich damit nicht einmal das Recht, von neuem materielle Mittel oder Leistungen zu erwerben, also auch Quittungen auszustellen bzw. finanzielle Mittel zu verbrauchen, wenn dies nicht im staatlichen Plan vorgesehen ist. Und umgekehrt, hat er die verausgabten finanziellen Mittel nicht wieder erwirtschaftet, so ist er sich nicht selbst seinem Schicksal überlassen. Der Betrieb ist Eigentum der Gesellschaft, die ich nutzen will und muß. Er wird also neben anderer Hilfe und Unterstützung entweder Zuschüsse aus dem Staatshaushalt oder Kredite bekommen, d. h. Mittel auf seinen Konten, also wieder quantifizierte Rechte auf Bezug materieller Mittel und Ausstellung von Quittungen darüber, mit anderen Worten auf „Kauf“ und „Bezahlung“ von Produkten.

Im Vorhergehenden sahen wir, wie der Betrieb zu dem Kostenbestandteil c seines Produkts kommt und welche Verflechtungen in der Buchführung der Betriebe und des Staatshaushalts sich daraus ergeben, vor allem aber, was die finanziellen Fonds der Betrieben darstellen.

Im Produktionsprozeß des Betriebes wird im Zusammenwirken von lebendiger und (in Produktionsmitteln) vergegenständlichter Arbeit ein Produkt erzeugt, in welchem sich die hier verausgabte lebendige Arbeit vergegenständlicht und auf welches außerdem die in den dabei verbrauchten Produktionsmitteln bereits vorher vergegenständlichte Arbeit übertragen wird.[10] Die Menge der übertragenen vergegenständlichten Arbeit ergibt sich statistisch aus der Menge der tatsächlich verbrauchten Produktionsmittel und der entsprechenden, dafür in der Buchführung des Betriebes ausgewiesenen und vom „Preis“ dieser Produktionsmittel abgeleiteten Menge vergegenständlichter gesellschaftlicher Arbeit.

Doch wie viel lebendige Arbeit wird in dem neuen Produkt vergegenständlicht, wie misst sich ihre Menge? Verausgabt wird die lebendige Arbeit im heute sozialistischen wie „gestern“ noch kapitalistischen Betrieb vom Arbeiter im Produktionsprozeß. Und wir sahen bereits, dass der Staat der Arbeiter mit dem vom Kapitalismus Übernommenen unmittelbar weiterwirtschaften muß. Er muß also den ganzen übernommenen Produktions- und Finanzapparat zunächst so weiter nutzen, wie er ihn vorgefunden hat, wenn nicht ein wirtschaftliches Chaos eintreten soll.

Der Arbeiter verkaufte noch „gestern“ dem Kapitalisten seine Arbeitskraft als Ware und bekam dafür ein Äquivalent, einen Geldbetrag, der dem Wert seiner Ware, seiner Arbeitskraft, entsprach. Formell hat sich und konnte sich mit der Vergesellschaftung der Produktionsmittel nichts ändern. Der Arbeiter bekommt und muß „am Tage nach der Revolution“ den gleichen Lohn bekommen wie davor, womit er die gleichen Produkte, Lebensmittel, kauft wie vorher. Ja, gerade auf dem Gebiet des Lohnes hat sich mit der Vergesellschaftung der Produktionsmittel, mit der Enteignung des Kapitals, scheinbar am wenigsten oder gar nichts geändert. Und doch ist eine Revolution im Wesen der Sache vor sich gegangen. Denn das „Geld“, das der Arbeiter nun als Arbeitslohn bekommt, repräsentiert nicht mehr eine bestimmte Ware, ein Quantum Gold, das dem Wert seiner Ware Arbeitskraft entspricht. Und auf dem Markt kauft er „Waren“, Konsumtionsmittel, deren Produktion und Verteilung nicht mehr den Gesetzen der kapitalistischen Warenproduktion unterliegen. DasGeld, das er von seinem Betrieb in die Hand bekommt, ist, wie wir oben bereits sahen, nichts weiter als eine Bestätigung über eine bestimmte Menge geleisteter gesellschaftlicher (Durchschnitts-)Arbeit, ganz genau wie Betrieb A von Betrieb B beim Verkauf seiner Erzeugnisse nur eine Bestätigung für die Lieferung gesellschaftlicher Arbeit (in vergegenständlichter Form) erhält. Und mit diesem „Geld“ kauft der Werktätige nun Konsumgüter, deren Produktion und Preis der sozialistische Staat unter Berücksichtigung der wirtschafts- und sozialpolitischen Erfordernisse planmäßig festlegt.

Der Werktätige erhält also eine bestimmte Geldmenge, z. B. pro Monat. Diese Geldmenge, sagen wir 875 – M, repräsentierte früher (nach unserer Annahme, dass 50 M gerade 1 g Gold darstellten) 17,5 g Gold, den Wert aller Mittel, die er für einen Monat brauchte, um seine Arbeitskraft zu reproduzieren. Jetzt stellen die gleichen 875 M – angenommen, das sei der gesellschaftliche monatliche Durchschnittslohn und die gesetzliche monatliche Arbeitszeit betrage 175 Stunden – nichts weiter dar als eine Bestätigung über 175 Stunden geleistete gesellschaftliche Normal- oder Durchschnittsarbeit. Fünf Mark repräsentieren also eine Stunde gesellschaftliche Durchschnittsarbeit. In die gesellschaftliche Buchführung, also hier in die betriebliche Kostenrechnung, gehen die 875 Mark als Wertbestandteil v (bzw. Lohnkosten) des monatlichen Produkts des betreffenden Arbeiters ein, um als Schatten des materiellen Produkts bzw. der realen vergegenständlichten Arbeit (die selbst nicht mehr sichtbar existiert) deren Bewegung durch den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess, deren Bewegung durch den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß und damit vonstatten gehende Metamorphose bis zum gesellschaftlichen Konsumtionsmittel in der gesellschaftlichen Buchführung von Betrieb zu Betrieb nachzuvollziehen und schließlich im Preis von Konsumtionsmitteln als Teil der gesamten Produktionskost dieses Endprodukts zu erscheinen. Der Arbeiter gibt seine 875 Mark, diesen Schuldschein der Gesellschaft, und erhält dafür Konsumgüter, in denen entsprechend viel gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht ist (von der Erwirtschaftung eines gesellschaftlichen Mehrprodukts sehen wir hier noch ab).

Woher nimmt der sozialistische Betrieb aber wieder das Recht, solche Arbeitsquittungen (denn etwas anderes ist ja der gezahlte Lohn nicht) den Arbeitern auszustellen? Wieder aus der staatlich, diesmal im planmäßigen „Lohnfonds“ quantifizierten und begrenzten Vollmacht. Die Höhe des Lohnfonds leitet sich aus der im Zusammenhang mit den Produktionsaufgaben des Betriebes notwendigen und im Staatsplan sanktionierten Arbeitskräftezahl und dem geplanten Durchschnittslohn ab.[11]

Im Preis bzw. in den Kosten des Produkts unterscheiden sich die Wertbestandteile c und v nicht mehr, sind sie verschmolzen zu einer Gesamtmasse ideell dargestellter vergegenständlichter Arbeit der Gesellschaft. Doch das Geld, das der Betrieb mit dem „Verkauf“ des Produkts realisiert, ist wiederum kein Äquivalent für gelieferte vergegenständlichte Arbeit, auch kein Anspruch darauf, denn ob, in welchem Maße und wofür er die vom Abnehmer seines Erzeugnisses erhaltenen Mittel (Bescheinigungen über gelieferte vergegenständlichte Arbeit) wieder verwenden kann, hängt vom staatlich sanktionierten Produktionsplan und den dafür zur Verfügung gestellten bzw. belassenen finanziellen Fonds ab. Der Betrieb kann seine Einnahmen, die einen finanziellen Gesamtfonds auf den Konten seiner Bank bilden, nicht nach eigenem Ermessen zur Bestätigung des Ersatzes oder der Erweiterung seiner Fonds an vergegenständlichter und lebendiger Arbeit, also zum „Kauf“ neuer Produktionsmittel und für Lohnzahlungen verwenden. Der sowjetische Ökonom P. S. Mstislawski wies schon Ende der fünfziger Jahre darauf hin, dass das sowjetische Finanzsystem nicht zulasse, „dass Gelder, die für den Erwerb von Produktionsmitteln bestimmt sind und sich auf den Verrechnungskonten der Banken befinden, für Lohnzahlungen verwendet werden, d. h. es ist ausgeschlossen, dass diese Gelder aus der Zirkulationssphäre der Produktionsmittel in die der Konsumgüter übergehen. Gleichermaßen können Gelder, die für Lohnzahlungen bestimmt sind, d. h. die dem Kreislauf der Konsumgüter dienen sollen, weder von den staatlichen Betrieben noch von den Arbeitern und Angestellten für den Erwerb von Produktionsmitteln ausgegeben werden, d. h. sie können nicht aus der Zirkulationssphäre der Konsumgüter in die Zirkulationssphäre der Produktionsmittel übergehen. Die relative Selbständigkeit beider Sphären der Ware-Geld-Beziehungen ist durch das sowjetische System der Lohnauszahlung verankert, bei dem die strengste Kontrolle über die Verwendung der Lohnfonds mit der garantierten Lohnauszahlung an die Werktätigen gekoppelt ist, unabhängig von dem Stand der betrieblichen Verrechnungskonten bei den Banken. Obgleich sich auf den Bankkonten und in der Buchhaltung die Kreisläufe der Geldmittel verschiedener Sphären kreuzen, bleiben sie also stets relativ selbständig …“[12]

Wenn nun der Wert- oder Kostenbestandteil v den Arbeitslohn ausdrückt und dieser, wie wir sahen, die Menge der verausgabten lebendigen Arbeit misst, gleichzeitig aber c den Aufwand an vergegenständlichter Arbeit darstellt, bleibt die Frage, was der Wertbestandteil m ist. In seinen „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei“ („Kritik des Gothaer Programms“) setzte sich Marx mit der These vom unverkürzten Arbeitsertrag auseinander und wie nach, dass vom gesellschaftlichen Gesamtprodukt abzuziehen sind:

„Erstens: Deckung zum Ersatz der verbrauchten Produktionsmittel.

Zweitens : Zusätzlicher Teil für Ausdehnung der Produktion.

Drittens: Reserve- und Assekuranzfonds gegen Missfälle, Störungen durch Naturereignisse etc. …

Bleibt ein anderer Teil des Gesamtprodukts, bestimmt, als Konsumtionsmittel zu dienen.

Bevor es zur individuellen Teilung kommt, geht hiervon wieder ab:

Erstens: Die allgemeinen nicht zur Produktion gehörigen Verwaltungskosten …

Zweitens: Was zur gemeinschaftlichen Befriedigung von Bedürfnissen bestimmt ist, wie Schulen, Gesundheitsvorrichtungen etc. …

Drittens Fonds für Arbeitsunfähige etc., kurz, für, was heute zu der so genannten offiziellen Armenpflege gehört.

Erst jetzt kommen wir zu der „Verteilung“, die das Programm, unter Lassalleschem Einfluß, bornierterweise allein ins Auge fasst, nämlich an den Teil der Konsumtionsmittel, der unter die individuellen Produzenten verteilt wird.“[13]

Bis hier betrachtet Marx das Verteilungsproblem als ein gesamtgesellschaftliches. Danach dann geht er auf die individuelle Verteilung ein, ohne allerdings die Art und Weise der betrieblichen und gesellschaftlichen Buch- und Rechnungsführung zu berücksichtigen, und schreibt:

Der einzelne Produzent „erhält von der Gesellschaft einen Schein, dass er soundso viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln so viel heraus, als gleich viel Arbeit kostet.“[14]

Marx stand hier lediglich vor der Aufgabe, das allgemeine Prinzip zu entwickeln, und nicht, darzulegen, wie denn nun die Messung der Arbeit erfolgt und wie die gesellschaftliche Buchführung darüber konkret aussieht bzw. später einmal vor sich gehen würde. Nach seiner Darstellung wird also dem Arbeiter nicht die gesamte von ihm geleistete Arbeit bescheinigt, sondern nur der Teil, der für die individuelle Konsumtion des Arbeiters bestimmt ist. Das setzte aber voraus, dass die Gesellschaft, hier also in Gestalt des Betriebes, im voraus wüßte, wie viel Mehrarbeit der einzelne Produzent zu leisten hat. Da ferner die reale sozialistische Gesellschaft die Arbeit in Währungseinheiten darstellt und misst, muß sie eine Übersetzung, eine Gleichsetzung von Stunden Arbeitszeit und Währungseinheit vornehmen. Und diese Gleichsetzung findet eben nur in der Lohnzahlung statt. Der Wertbestandteil v des Preises drückt daher bereits die gesamte dem Produkt zugesetzte lebendige Arbeit aus.

Würden nun im „Preis“ der Erzeugnisse von Produktionsstufe zu Produktionsstufe, von Betrieb zu Betrieb, tatsächlich nur die Wertbestandteile c und v verrechnet, so würden schließlich in den ebenso gebildeten „Preisen“ für Konsumgüter gerade die tatsächlichen bis hierher verrechneten unmittelbaren Produktionskosten der Gesellschaft für dieses betreffende Produkt dargestellt. Alle Bedingungen der gesellschaftlichen Reproduktion konstant gesetzt (also einfache Reproduktion angenommen), würde die in den Konsumgütern eine Reproduktionszyklus’ vergegenständlichte und in ihrer Preissumme ausgewiesene Arbeitsmenge gerade der Lohnsumme der unmittelbaren Produzenten in der gleichen Periode entsprechen. Bei erweiterter Reproduktion, d. h. Vergrößerung der Menge der sich im gesellschaftlichen Reproduktionsprozess bewegenden vergegenständlichten Arbeit, würden Konsumgüter den gesellschaftlichen Produktionsprozeß verlassen, in denen insgesamt weniger gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht und in den Preisen, gebildet aus c + v, ausgedrückt wäre. Schon in diesem Falle würde der Lohn- oder Kauffonds der unmittelbar in der Produktion Beschäftigten, deren Löhne als gesellschaftliche Produktionskosten verrechnet wurden, die Preissumme der erzeugten Konsumgüter übersteigen. Diese unmittelbaren Produzenten müssen also einen entsprechenden Teil ihres Lohnes an die Gesellschaft abführen – entweder in der Form einer Lohnsteuer oder als Konsumgütersteuer, entweder in der Form eines direkten Abzugs vom Lohn oder als Preiszuschlag auf die Konsumgüter. Und in noch stärkerem Maße ist dies der Fall, bei Einbeziehung der „unproduktiven“ gesellschaftlichen Aufwendungen in unsere Überlegungen. Die Marxsche Formulierung: Der einzelne Produzent „erhält von der Gesellschaft einen Schein, dass er soundso viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln so viel heraus, als gleichviel Arbeit kostet“, müsste also richtig lauten: Der einzelne Produzent erhält von der Gesellschaft einen Schein, dass er soundso viel Arbeit geliefert, und zieht mit diesem Schein (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds) aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln soviel heraus als gleichviel Arbeit kostet. Der Unterschied ligt im Zeitpunkt des Abzugs, der erst nach der „Lohnzahlung“ erfolgen kann, weil die Entlohnung das Medium ist, in dem die verausgabte lebendige gesellschaftliche Arbeit überhaupt gemessen wird und unter den Bedingungen einer sozialen Ungleichwertigkeit der verschiedenen Arbeiten überhaupt gemessen (und auf gesellschaftliche Durchschnittsarbeit reduziert) werden kann. Wenn nun also der sozialistische Staat in den Erzeugnispreisen der gesamten Industrie neben den Wertbestandteilen c und v einen Bestandteil m berechnet, so stellt dieser nichts weiter dar als die Mehrarbeit der Gesellschaft bzw. einen Teil derselben, notwendig zur Finanzierung der gesellschaftlichen Akkumulation, der Verwaltung, des Bildungs- und Gesundheitswesens usw. Damit wird aber dem Betrieb - in seinen über den Preis erwirtschafteten Einnahmen – gelieferte vergegenständlichte Arbeit bescheinigt, die tatsächlich gar nicht in dem Produkt vergegenständlicht ist, denn der Lehrer beispielsweise verausgabt seine (gesellschaftlich notwendige) Arbeit im Bildungs- und der Arzt im Gesundheitswesen.

Die eigenartige, dem Wesen der Sache widersprechende Form der gesellschaftlichen Buchführung in den sozialistischen Staaten erklärt sich wieder aus der historischen Entwicklung, aus der Tatsache, dass der sozialistische Staat den ganzen bürgerlichen Finanzmechanismus übernehmen und den neuen Bedingungen anpassen musste. Unter kapitalistischen Bedingungen, d. h. des Austauschs von Warenäquivalenten auf der Basis des Privateigentums an den Produktionsmitteln, konnte es keine gesamtgesellschaftliche Rechnungsführung und Kontrolle über den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess geben. Hier musste das gesellschaftliche Mehrprodukt (als allgemeine gesellschaftliche Notwendigkeit) die Form des kapitalistischen Mehrwerts annehmen, der in der Warenproduktion erzeugt und mit dem Verkauf der Ware realisiert wird. Unter den Bedingungen, da der private Austausch von Waren die allgemeine Form der Beziehungen zwischen den Produzenten ist, muß der Waren produzierende Arbeiter seine Arbeitskraft als Ware verkaufen, deren Preis nichts zu tun hat mit dem von ihr geschaffenen Neuwert und die mehr Wert schafft als sie selber besitzt. Das heißt, der Arbeiter schafft (im Kapitalismus) pro Monat einen Wert von beispielsweise 50 g Gold und erhält den Preis seiner Arbeitskraft, nämlich zum Beispiel 25 g Gold. Unter den Bedingungen der allgemeinen privaten Warenproduktion beschränkt sich alle Rechnungsführung und Kontrolle nur auf den privaten Produktionsprozess der einzelnen Ware bzw. auf den Reproduktionsprozess des einzelnen Kapitals. Alle Arbeit teilt sich hier in notwendige und Mehrarbeit. Das ist zwar auch unter sozialistischen Bedingungen der Fall, aber im Kapitalismus geht diese Teilung nur indirekt vor sich und ist vermittelt durch den Verkauf der Ware Arbeitskraft, also durch einen Tauschakt von Warenproduzenten. Der Lohn des Arbeiters ist hier der Preis für seine Arbeitskraft und hat nichts zu tun mit der vom Arbeiter verausgabten Arbeit. Arbeiter und Kapitalist tauschen Waren aus: Arbeitskraft gegen x Gramm Gold. In der Buchhaltung des Kapitalisten stehen sich dann gegenüber: der von dieser Arbeitskraft geschaffene Neuwert (ausgedrückt in einem bestimmten Goldquantum) und die für die Arbeitskraft gezahlte Wertsumme (ebenfalls in Gold). Die Differenz ist der Profit, der Mehrwert. Auch der Mehrwert stellt eine bestimmte Menge Gold dar, wie überhaupt jeder in Geldform dargestellte Wert im Kapitalismus. Arbeiter und Kapitalist haben also nach dem Verkauf ihrer Waren (Arbeitskraft bzw. erzeugtes Produkt) eine bestimmte Menge Gold in der Hand (Lohn und Profit) bzw. Anweisungen darauf. Und von diesem Gold zahlen sie Steuern an den Staat, der damit wieder Arbeitskraft und Ware für seine Verwaltung und sonstigen Aufgaben einkauft, kurz: seine Ausgaben deckt. Alle Beziehungen zwischen Produzenten und Konsumenten, ganz gleich in welcher Sphäre – produktiv oder unproduktiv – beruhen also auf dem Austausch von Warenäquivalenten, auf dem Austausch von Ware a, b, c usw. gegen die Ware Gold. Und der Wert aller Waren, einschließlich des Goldes, wird bestimmt durch die in ihnen vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit. Aber gemessen wird im Gebrauchswert des Goldes.

Der sozialistische Staat übernimmt also den bürgerlichen Produktions- und Finanzapparat. Aber der Austausch von Ware gegen Gold findet gar nicht mehr statt, und der Arbeitslohn hat sich unter der Hand vom Preis für die verkaufte Ware Arbeitskraft in eine Bestätigung für geleistete gesellschaftliche Arbeit verwandelt – qualitativ. Quantitativ blieb die historisch übernommene Differenz m zwischen dem Preis des Erzeugnisses, der seinen Wert darstellte, und den Kosten des Betriebes für c und v (verbrauchte Produktionsmittel und Arbeitslohn) bestehen. Dieses m, dieses Mehrprodukt, hätte der sozialistische Staat theoretisch der Lohnsumme der Arbeiter zuschlagen können. Dann hätte dieser Lohn von Anfang an tatsächlich die gesamte in diesem Produktionsprozeß verausgabte lebendige gesellschaftliche Arbeit widergespiegelt, dargestellt, bestätigt. Allerdings hätte der Staat dann sofort wieder diese Löhne entsprechend besteuern müssen (direkt oder indirekt), um die notwendigen Mittel für die Finanzierung der erweiterten Reproduktion, der Verwaltung usw. bereit zu haben, oder er bei nicht besteuerten höheren Löhnen, höheren Nettoeinkommen der Arbeiter, die Preise für Konsumgüter steigern müssen, in welche die Kosten für die allgemeine Verwaltung und sonstigen Staatsaufgaben eingingen. Unmittelbar nach der Revolution, in einer Zeit also, wo so viele grundsätzlich neue Schritte getan werden mussten, wo der theoretische Vorauf im Detail fehlte und so viele Erfahrungen von der jungen Staatsmacht erst zu sammeln waren, war es das Natürlichste, dass zunächst alles so weit wie möglich beim alten belassen wurde. Das heißt, die Löhne wurden nicht verändert, die Preise blieben konstant, und die Betriebe realisierten mit dem Preis ihrer Erzeugnisse in Form des Gewinns ein Mehrprodukt, das, teilweise auch zusammen mit dem Ersatzfonds für verbrauchte Produktionsmittel, ganz oder zum Teil an den Staatshaushalt abgeführt und von diesem umverteilt wurde. Ja, dieses m, das Mehrprodukt, hat in den sozialistischen Ländern mit der tatsächlich verausgabten, im Produkt vergegenständlichten und im Arbeitslohn bestätigten lebendigen Arbeit ebenso wenig zu tun wie der Wert der Ware Arbeitskraft, der Arbeitslohn im Kapitalismus mit dem geschaffenen Neuwert und Mehrwert. Dieses m stellt in den Ländern des Sozialismus nichts anderes dar als die auf den Betrieb bzw. sein Produkt planmäßig verrechneten Allgemeinkosten der Gesellschaft für Verwaltung und Erweiterung der Produktion sowie für das Bildungs- und Sozialwesen etc. Diese Aufwendungen sind im Sozialismus wie alle planmäßig verausgabte Arbeit unmittelbar gesellschaftlich notwendige Arbeit. Ihr Umfang ist nicht abhängig von einem auf dem Markt realisierten objektiven Wert- und Mehrwertvolumen, sondern sie bilden unmittelbar einen Teil der planmäßig verausgabten gesellschaftlichen Gesamtarbeit, und ihre Kosten müssen daher ebenso planmäßig auf das gesellschaftliche Gesamtprodukt umgelegt werden. m ist also im Sozialismus kein Gewinn, nicht unbezahlt angeeignete Mehrarbeit, sondern stellt tatsächliche gesellschaftliche Kosten (für „unproduktive“ Tätigkeiten und Erweiterung der Produktion, also Akkumulation) dar, die zwar nicht in diesem konkreten Produktionsprozeß auftreten, aber als Teil des gesellschaftlichen Gesamtprozesses auf ihn verrechnet werden.

Betrachten wir uns die sogenannten Ware-Geld-Beziehungen in der sozialistischen Volkswirtschaft genauer, so sehen wir, dass sie dem Wesen der Sache nach bereits die gesellschaftliche Rechnungsführung und Kontrolle einer kommunistischen Gesellschaft darstellen. Und sie müssen es, weil der Sozialismus bereits die erste Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation darstellt, weil der Sozialismus wie der Kommunismus auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln beruht, weil in beiden Phasen die gesamte Produktion der zentralen staatlichen Leitung und Planung untergeordnet ist.

Die Gesellschaft plant und bilanziert also die Produktion in den einzelnen Wirtschaftseinheiten, die materielle Struktur des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und die materiellen Beziehungen zwischen den Wirtschaftseinheiten. Über diesen Gesamtprozeß der gesellschaftlichen Produktion und über die Beziehungen zwischen den einzelnen relativ selbständigen Wirtschaftseinheiten (Betrieben) muß natürlich auch im reifen Kommunismus Buch geführt und eine gesellschaftliche Kontrolle ausgeübt werden.

Jeder Betrieb muß also auch im Kommunismus eine mehrfache Buchführung praktizieren: Erstens über die Menge vergegenständlichter gesellschaftlicher Arbeit, die in seinen Beständen (Produktionsmittel und Produkte) existiert; zweitens über die Zu- und Abgänge gesellschaftlicher Arbeit in bzw. aus seinen Beständen (und dabei wieder unterschieden nach lebendiger und vergegenständlichter Arbeit). Zu- und Abgänge müssen im Interesse einer ordentlichen gesellschaftlichen Kontrolle ebenfalls wieder doppelt gebucht werden. Liefert beispielsweise Betrieb A an B Produktionsmittel, in denen 10000 Stunden gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht sind, so muß A diese bei sich, aus seinen sachlichen Beständen, als materiellen Abgang abbuchen. Um aber darüber eine gesellschaftliche Kontrolle ausüben zu können (er kann ja viel behaupten, an B,C oder D geliefert zu haben), braucht er eine Bestätigung von B, einen finanziellen Zugang. B wiederum erhält die sachlichen Produktionsmittel, denen man nicht ansieht, dass in ihnen 10000 Stunden gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht sind. Er muß sie also buchmäßig in seinen Beständen führen; und zwar im Naturalausdruck und im Wertausdruck (als Finanzsumme). Er kann also in seiner Finanzbuchhaltung auf der Aktiv-Seite nur ausweisen, was er materiell auch tatsächlich in seinen Beständen hat. Gleichzeitig erhält B von A eine Rechnung, die belegt, wie viel Produktionsmittel A an B im Natural- und im Finanzausdruck geliefert hat. B aber kann A dessen Lieferungen nicht so ohne weiteres bestätigen. Er muß dafür ein Recht, ein Limit, kurz, finanzielle Fonds haben. Und seine Abbuchung von diesen Fonds, von diesem Konto (und Überweisung an A) muß mit dessen Rechnung an B sowie mit der realen sachlichen Bestandsentwicklung bei B übereinstimmen. Das Gleiche gilt für die Abbuchungen aus den Bestandskonten, für die reale Bestandsentwicklung und für die Buchungen auf den Finanzkonten bei A. Die vergegenständlichte gesellschaftliche Arbeit existiert also im Sozialismus wie im Kommunismus real nur in den materiellen Gebrauchswerten, in denen sie von gesellschaftlicher Produktionsstufe zu Produktionsstufe (von Betrieb zu Betrieb) ihre eigene reale Bewegung durch den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess vollzieht, um diesen schließlich in der Gestalt eines Konsumtionsmittels zu verlassen. In dieser realen Bewegung wird die vergegenständlichte Arbeit von ihrem Schatten in der gesellschaftlichen Buchführung verfolgt. Um aber diese Gesamtbewegung von Produktionsstufe zu Produktionsstufe, von Wirtschaftseinheit zu Wirtschaftseinheit, d. h. von Betrieb zu Betrieb kontrollierbar zu machen, muß noch eine zweite Schattenbewegung durch die gesellschaftliche Buchführung in entgegengesetzter Richtung, jeweils vom Abnehmer zum Lieferanten statt vom Lieferanten zu Abnehmer (wie es der realen Bewegung entspricht) stattfinden. Und diese zweite Schattenbewegung ist die Bewegung unseres heutigen „Geldes“.

Was wir schon heute in der Praxis unserer gesellschaftlichen Buchführung und Kontrolle über den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess (innerhalb jedes Betriebes gibt es die sogenannte doppelte Buchführung, und „Kauf“ und „Verkauf“ stellen dem Wesen nach das Gleiche auf überbetrieblicher, gesellschaftlicher Ebene dar) in Gestalt des einheitlichen Kontenrahmens usw. vorfinden, ist also dem Wesen nach nichts anderes als das allgemeine Modell einer kommunistischen Rechnungsführung und Kontrolle über die gesellschaftliche Produktion. Mit Geld und Warenaustausch hat das ebenso wenig zu tun wie die Lohnzahlung mit dem Verkauf der Ware Arbeitskraft im Sozialismus. Ohne uns dessen bewußt zu sein, haben wir bereits realisiert, was W.I. Lenin unmittelbar vor der Oktoberrevolution für die erste Phase der kommunistischen Gesellschaft voraussah: „Alle Bürger werden Angestellte und Arbeiter eines das ganze Volk umfassenden Staatssyndikats.“ Und: „Die gesamte Gesellschaft wird ein Büro und eine Fabrik mit gleicher Arbeit und gleichem Lohn.“[15] Sie stellt ein Büro dar, weil sie dem Wesen nach eine einheitliche Buchführung über den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß besitzt.

Was unsere Buchführung von der zweiten Phase der kommunistischen Gesellschaft einzig wesentlich unterscheidet, ist die Verteilung der Konsumtionsmittel nach der Arbeitsleistung, also die Zahlung von Arbeitslohn an die einzelnen Mitglieder. Aber dies ist kein Geld, sondern ein Arbeitszertifikat, wie oben bereits dargelegt. Hierin allein unterscheidet sich unsere Buchführung noch wesentlich von der kommunistischen, d. h. in der Art und Weise der Vermittlung zwischen gesellschaftlicher Produktion und individueller Konsumtion, worüber wir heute noch Buch führen müssen.

Alle anderen Unterschiede liegen in der konkreten Form, vor allem in Bezug auf die Erfassung und Darstellung der Mehrarbeit der Gesellschaft. Für die Erfassung eines Mehrprodukts auf allen Stufen des Reproduktionsprozesses statt eines (gesamten) Zuschlags bei den Konsumgütern gibt es keine objektive Notwendigkeit. Daß wir es dennoch tun, ist der historischen Entwicklung und unserer bisherigen ungenügenden theoretischen Durchdringung der Dinge geschuldet.

Wir sahen, daß das „Geld“ im Sozialismus nichts anderes ist als der ideelle Gegensatz der in den Produkten real existierenden vergegenständlichten Arbeit der Gesellschaft in ihrer Buchführung. Diese in den materiellen Erzeugnissen real existierende vergegenständlichte Arbeit wird in der Buchführung der Gesellschaft doppelt dargestellt: Positiv auf den (materiellen) Bestandskonten und negativ auf den finanziellen Konten. Jeder Zugang auf die materiellen Konten ist verbunden mit einer entsprechenden Abbuchung auf den finanziellen Konten. Diese gegensätzliche Widerspiegelung und Bewegung der vergegenständlichten Arbeit in der gesellschaftlichen Buchführung resultiert aus dem Gegensatz, aus der Doppelexistenz der einzelnen Wirtschaftseinheiten, die sich ständig als Lieferer und Abnehmer von Produkten gegenüberstehen und beides zugleich sind. Dies hat nichts mit Austausch von Produkten zu tun, sondern einfach mit doppelter Buchführung, die eine ordentliche Kontrolle dieser Beziehungen auf beiden Seiten erlaubt. Ob und wie viel vergegenständlichte Arbeit A an B wirklich geliefert hat, geht daraus hervor, ob und inwieweit die Aktiv- und Passivbuchungen auf beiden Seiten zwischen A und B korrespondieren und auch mit den realen sachlichen Bestandsveränderungen übereinstimmen. Die finanziellen Mittel der sozialistischen Gesellschaft, dieser Gegenpol der realen Produktenwelt, sind als nicht die ideelle Darstellung oder (positive) Widerspiegelung eines allgemeinen Äquivalents, einer besonderen Geldware, des Goldes, sondern die negative Darstellung des gesellschaftlichen Reichtums. Sie entstehen mit der Entstehung des gesellschaftlichen Reichtums als dessen Gegensatz. Der Arbeiter schafft pro Tag ein Produkt, in dem acht Stunden Arbeit vergegenständlicht sind. Das ist der gesellschaftliche Reichtum. Darüber erhält er von der Gesellschaft, vertreten durch den Betrieb, einen Schuldschein, eine Quittung, „Geld“, den ideellen Gegenpol dieses Reichtums.

Von hier aus bewegen sich die finanziellen Mittel als Gegenpol des gesellschaftlichen Reichtums „rückwärts“ durch den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess, entgegen der tatsächlichen Bewegung der realen vergegenständlichten Arbeit: Vom Arbeiter zu Handelsbetrieb, von diesem zu Konsumgüterproduzenten, von diesem zu den Produktionsmittellieferanten usw.

Dieses Wesen des „Geldes“ und seines Umlaufs im Sozialismus ergibt sich aus dem Wesen der sozialistischen Produktionsverhältnisse auf der Basis des gesellschaftlichen Eigentums und der zentralen staatlichen Leitung und Planung der Volkswirtschaft. Auf dieser Basis ist dies das allgemeine Wesen der Beziehungen in einer sozialistischen Volkswirtschaft, unabhängig von den konkreten Formen und Methoden der Leitung und Planung. Das hier Gesagte gilt also für alle sozialistischen Volkswirtschaften, die einer zentralen staatlichen Leitung und Planung unterliegen.

Mehr und mehr verändern sich aber auch die äußeren Erscheinungsformen des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses im Kapitalismus. Sie sind geschuldet der immer stärkeren Einschränkung der Wirkung der Marktgesetze, vor allem durch zunehmende Eingriffe des Staates in den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess sowie durch die zunehmende Monopolisierung der Wirtschaft. Konkurrenz und Anarchie werden immer mehr aus der unmittelbaren Produktion in strategische Bereiche wie Forschung und Entwicklung, Sicherung von Einflusssphären usw. verlagert. Die Gesetze der Preisbildung und des Geldumlaufs unterliegen immer stärker monopolistischen Einflüssen mit Ansätzen einer bewussten, wenn auch widerspruchsvollen Planung. Und schließlich muß der Imperialismus unter dem Einfluß des sozialistischen Weltsystems der zunehmenden Stärke der Arbeiterklasse und ihrer Forderung nach steigendem Lebensniveau Rechnung tragen. Er muß, um zu überleben, seinen Widersprüchen neuen Bewegungsraum schaffen. Er muß Formen und Methoden finden, um den Widerspruch zwischen schrankenloser Ausdehnung der Produktion und beschränkter Kaufkraft der Massen infolge ihrer Ausbeutung zu überwinden.

Die wissenschaftlich-technische Revolution mit ihrem objektiven Erfordernis nach Akkumulation von Kapital, nach Ausdehnung der in Produktionsmitteln vergegenständlichten Arbeit , war in den vergangenen Jahren ein wesentlicher Faktor, der außer dem Nachkriegs-Nachholebedarf einer allgemeinen Überproduktion entgegen wirkte. Hinzu kamen mehr und mehr die inflationistischen Tendenzen. Die Inflation ist vor allem den wachsenden unproduktiven Ausgaben der imperialistischen Staaten für die Rüstung geschuldet. Hier wird ein Großteil des Mehrwerts der ganzen Kapitalistenklasse realisiert und auf Kosten der ganzen Gesellschaft (durch Inflation) vernichtet.

Den Rest erkämpften sich die Arbeiter durch höhere Löhne, was aber die Ausbeutung nicht aufhebt, weil die Kapitalisten von neuem diePreise erhöhen, um ihren Profit zu sichern. Unter diesen Bedingungen muß auch die Rolle des Goldes im Finanzinstrumentarium der bürgerlichen Gesellschaft, als Grundlage des Geldsystems mehr und mehr zurück gedrängt werden, ohne seine grundsätzliche Bedeutung, namentlich in den internationalen Beziehungen, zu verlieren. Die Währungskrisen der letzten Jahre unterstreichen dies.

· Die zunehmende Vergesellschaftung der Produktion führt also den Imperialismus in bestimmten Erscheinungsformen und Methoden immer näher an den Sozialismus heran, ohe dass er aber sein kapitalistisches, auf Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen beruhendes Wesen verändert. Dazu bedarf es einer grundsätzlichen Umgestaltung der Machtverhältnisse und der Eigentumsverhältnisse. Gesamtstaatliches Volkseigentum, das durch zentrale staatliche Leitung und Planung für die Bedürfnisbefriedigung und im Interesse des ganzen Volkes genutzt wird, ist die ökonomische Grundlage einer sozialistischen Gesellschaft. So unlogisch und oberflächlich alle Theorien sind, die einer Konvergenz von Kapitalismus und Sozialismus, ihrem Verschmelzen in einer klassenindifferenten „Industriegesellschaft“ das Wort reden, so unlogisch und oberflächlich sind die Theorien von einer angeblichen Warenproduktion im Sozialismus. Sie behaupten, im Sozialismus, auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln und bei planmäßiger Wirtschaftsführung werde der Wert unmittelbar vom Staat im Preis der Erzeugnisse authentisch festgelegt. Ihnen sei mit K. Marx geantwortet, der sich in seinen „Grundrissen der Kritik der Politischen Ökonomie“ mit den Vorstellungen der Saint-Simonisten von einer Tauschbank auseinandersetzte und schrieb: „Genau dann besehn wäre die Bank nicht nur der allgemeine Käufer und Verkäufer, sondern auch der allgemeine Produzent. In der Tat wäre sie entweder die despotische Regierung der Produktion und Verwalterin der Distribution, oder sie wäre in der Tat nichts als ein board, was für die gemeinsam arbeitende Gesellschaft Buch und Rechnung führte. Die Gemeinsamkeit der Produktionsmittel ist vorausgesetzt etc. etc.“[16] Und: „Die Arbeit des Einzelnen also unmittelbar zum Geld machen wollen (d. h. auch sein Produkt), zum realisierten Tauschwert, heßt sie unmittelbar als allgemeine Arbeit bestimmen, d. h. eben die Bedingungen negieren, unter denen sie zu Geld und Tauschwerten gemacht werden muß, und vom Privataustausch abhängt. Die Forderung kann bloß befriedigt werden unter Bedingungen, worin sie nicht mehr gestellt werden kann. Die Arbeit, auf Grundlage der Tauschwerte, setzt eben voraus, dass weder die Arbeit des Einzelnen noch sein Produkt unmittelbar allgemein ist; dass es diese Form erst durch eine gegenständliche Vermittlung erlangt, durch ein von ihm verschiedenes Geld.“[17] Eben diese Vermittlung, Verwandlung des Produkts in ein gesellschaftliches durch ein von ihm verschiedenes Geld hat der sozialistische Staat mit der Unterordnung aller Produktion unter die zentrale staatliche Leitung und Planung und mit der Durchsetzung einer planmäßigen Preisbildung aufgehoben. Er hat und musste damit aber auch die Konvertierbarkeit des Geldes in Gold aufheben. Und obwohl unser Geld dem Namen nach eine bestimmte Goldparität besitzt, ist doch mit der Aufhebung der Konvertierbarkeit jeder reale Bezug zum Edelmetall, zur einstigen Geldware, aufgehoben worden. Und das Geld wurde tatsächlich, so wie es die Saint-Simonisten auf einer utopischen Grundlage, auf Grundlage des Privateigentums anstrebten, auf der Basis des gesellschaftlichen Eigentums zu einem Stundenzettel. Es entsteht, wie wir gezeigt haben, mit der Verausgabung und Vergegenständlichung der lebendigen Arbeit als deren negative Widerspiegelung, Gegenpol, als eine Quittung und Schuldschein zugleich für geleistete oder gelieferte gesellschaftliche Arbeit.

[1] Wladimir Bukaric, Warumsind wir zu Marx „zurückgekehrt“?, in: Sozialistische Theorie und Praxis, 7-8/76, Belgrad 1976, S. 89
[2] Nach K. Marx: c = konstantes Kapital, repräsentierend den Wert der Produktionsmittel, dessen Größe sich im Produktionsprozeß nicht verändert, also konstant bleibt, da er nur von den Produktionsmitteln auf das Produkt übertragen wird; v = variables Kapital, repräsentierend den Wert der produzierenden Arbeitskraft, die einen Neuwert schafft, der in der Regel größer ist als der Wert der arbeitenden und so Wert schaffenden Arbeitskraft und sich teilt in v (den Wert der verbrauchten Arbeitskraft ersetzend) und m, den Mehrwert, dessen Erzeugung einziger Sinn und Zweck aller kapitalistischen Produktion ist.
[3] Vgl. K. Marx, Das Kapital, Band I, Dietz Verlag, Berlin 1959, S. 107
[4] In der jungen DDR betraf das vor allem die Überwindung der aus der Spaltung Deutschlands und seiner Wirtschaft resultierenden ökonomischen Disproportionen, im jungen Sowjetstaat die Überwindung der ökonomischen Rückständigkeit des Zarenreiches.
[5] Vgl. Autorenkollektiv, Politische Ökonomie des Sozialismus, Übersetzung aus dem Russischen, Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1973, S. 314
[6] Ebenda, S. 349
[7] Ebenda, S. 343
[8] Vgl. W. I. Lenin, Staat und Revolution, in: Werke, Bd. 25, Berlin 1980, S. 487 f.
[9] Die Eigenerwirtschaftung macht das Ganze nicht zur „Sache des Betriebes“, sondern stellt nur eine besondere Form der Kontrolle über bzw. der materiellen Stimulierung zur planmäßigen Arbeit dar. Jede Schluderei wie jeder Effektivitätsfortschritt berührt unmittelbar den gesellschaftlichen Reichtum und das Interesse der gesamten Gesellschaft.
[10] Welche Rolle dabei die konkrete und die abstrakte Arbeit spielen, hat K. Marx im ersten Band des „Kapital“ entwickelt (vgl. K. Marx, Das Kapital, Bd. I, Berlin 1959, S. 207 f. f.). Was Marx über das Verhältnis von konkreter und abstrakter Arbeit schreibt, gilt auch für den Sozialismus und ist überhaupt allgemeingültig. Die Arbeit der Gesellschaft muß sich immer und notwendigerweise in verschiedenen konkreten Arbeiten darstellen, weil der Reichtum der Gesellschaft gerade in der Vielfalt der geschaffenen Gebrauchswerte besteht. Und diese verschiedenen konkreten Arbeiten sind immer Teil der gesellschaftlich notwendigen Gesamtarbeit und insofern Verausgabung von Hirn, Muskel und Nerv schlechthin, abstrakte Arbeit. Aber nur unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen, auf der Grundlage des Privateigentums an den Produktionsmitteln, auf der Grundlage des Widerspruchs zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, der Vereinzelung der Produzenten, nimmt die in einem Produkt vergegenständlichte abstrakte Arbeit die Form des Wertes an, wird, kann und muß sie im Gebrauchswert eines anderen Produkts dargestellt werden, statt in ihrem natürlichen Maß, der Zeit ihrer Verausgabung, oder einem Synonym dafür.
[11] Auf die quantitative Lohnbestimmung kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Zu bemerken ist nur, dass letztlich die Erfordernisse der materiellen Stimulierung die Lohnrelationen bestimmen. Historisch machte der Staat zwar im Interesse einer allgemeinen Geldstabilität die Konsumgüterpreise zu Festpreisen und trug der notwenidigen materiellen Stimulierung sowie der Erhöhung des materiellen Lebensniveaus der Bevölkerung durch Erhöhung des gesellschaftlichen Lohnfonds und Durchschnittslohns auf der Grundlage eines zunehmenden sachlichen Konsumgüterfonds bei relativ stabilen Preisen Rechnung, leitete also den (wachsenden) gesellschaftlichen Lohnfonds und Durchschnittslohn aus dem zunehmenden sachlichen Reichtum der Gesellschaft an Konsumgütern ab, aber der reale Hintergrund war und bleibt, dass sich der in sozialistischer Währung ausgedrückte Preis der Konsumgüter letztlich aus der in ihnen vergegenständlichten gesellschaftlichen Arbeit, ausgedrückt in Währungseinheiten, ableitet. Und da die reale Messung der gesellschaftlichen Arbeit nur im Prozeß ihrer lebendigen Verausgabung als lebendige Arbeit erfolgt (alle Preisbildung ist nur noch Festlegung, keine messende Gleichsetzung von Währung und gesellschaftlicher Arbeit, die überhaupt nur in ihrer lebendigen Daseinsform als solche in Erscheinung tritt) und sich in der Lohnzahlung niederschlägt, hängt der Preis der Konsumgüter letztlich von den Löhnen ab, die für die lebendige Arbeit gezahlt wurden, welche in diesen Konsumgütern vergegenständlicht ist, dargestellt als kumulierte Lohnkosten.
Der sozialistische Staat der DDR sicherte auf diese Weise zwar insofern eine Geldstabilität, als z.B. das Paar durchschnittlicher Schuhe 1975 wie 1960 etwa 50 Mark kostete, aber gleichzeitig repräsentierten diese 50 Mark 1960 bei einem gesellschaftlichen Durchschnittslohn von monatlich 558 Mark 18 Stunden gesellschaftliche Durchschnittsarbeit, 1974 bei einem monatlichen Durchschnittslohn von 867 Mark dagegen 12 Stunden gesellschaftlicher Arbeit (bei einer monatlichen Arbeitszeit von 200 Stunden).
[12] P. S. Mstislawski, Das bestehende Preisgefüge beruht auf einer objektiven ökonomischen Grundlage, in: Das Wertgesetz und seine Rolle im Sozialismus, Übersetzung aus dem Russischen, Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1960, S. 214
[13] K. Marx, Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei, in: Marx/Engels, Ausgewählte Schriften, Bd. II, Dietz Verlag, Berlin 1958, S. 14 f.
[14] Ebenda, S. 16
[15] W. I. Lenin, Staat und Revolution, V. Kapitel, in: Ausgewählte Werke, Bd. II, Moskau 1947, S. 236
[16] K. Marx, Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Dietz Verlag, Berlin1953, S. 73
[17] Ebenda, S. 89

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