Mittwoch, 22. Oktober 2008

Zehn Jahre gegen den Wind

Buchbesprechung zu:  Wolfgang Sabath, "Zehn Jahre gegen den Wind", in: "Neues Deutschland" v. 03. 07. 2008)
Wer meint, Artikel, die vor zehn Jahren geschrieben wurden, müssten immer Schnee von gestern sein, könnte sich leicht irren.


Jedenfalls sind die Beiträge, die W. Sabath für die Zweiwochenschrift „Das Blättchen“ seit deren Erscheinen verfasste, zum Teil noch hoch aktuell, in jedem Falle immer wieder lesenswert. Denn der Autor greift Themen auf, die offenbar nicht auszurottende menschliche Verhaltensweisen und politische Machenschaften aufs Korn nehmen. Es sind zwar typische, aber oft wenig bekannte Geschehnisse. Oder es gelingt W. S., besondere Aspekte von Vorkommnissen zu beleuchten, über die andere Medien im Strom der Trendsetter hinweg schwimmen. Und diese Umstände begründen den hohen Informationswert dieser nur zwei bis drei Seiten langen und daher rasch auf den Punkt kommenden Artikel.

Wenn es stimmt, dass Leser am liebsten und vor allem das konsumieren, was ihre eigenen Überzeugungen, ihre Ethik und Moral bestätigt, dann sei der kleine Sammelband von knapp 280 Seiten all denen empfohlen, die Begriffe wie Ehrlichkeit, Redlichkeit, Solidarität und ähnliche hochhalten. Sabath hat damit jahrzehntelang gegen den Wind nicht nur geschrieben (soweit das möglich war), sondern auch gelebt – um dann eines Tages für einstige DDR-Aktive festzustellen: Wenn es das Jahr 1989 nicht gegeben hätte, hätte unsereiner doch nie erfahren, was für nette Kollegen, Genossen, Jugend- oder Bundesfreunde das sind! Was denn, du bist der Genosse X aus der Abteilung Agitation, bei dessen scharfen Anrufen mein Chefredakteur immer regelmäßig Herzflattern bekam?

Als Zeitzeugnis der besonderen Art dürfte das vorliegende Buch noch künftigen Historikergenerationen Fingerzeige zur Beurteilung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unserer Zeit geben, etwa von Bundesaußenminister J. Fischer und seiner Grünen-Partei, der einen Farbbeutelwerfer wegen schwerer Körperverletzung anzeigte. Hätte nicht erwartet werden dürfen, wird dazu gefragt, dass ihn – wenn er schon nicht selbst darauf kam – die mahnenden Worte einer Delegierten, die ihn behutsam und ruhig sozusagen an seine Jugend erinnerte, in der derartige Delikte zum normalen Arsenal der Fischers & Co. gehört hatten, von der Anzeige abhalten? Und noch eine ganz andere Frage zu einem ganz anderen Thema, das die ganze Linke vielleicht noch Jahrzehnte und die Historiker sogar Jahrhunderte beschäftigen wird: Was wäre Stalin ohne die zehntausenden Funktionäre gewesen?

Sabath legt sich mit allen an, die da nicht ehrlich, redlich, solidarisch sind: mit einstigen DDR-Diplomaten, die sich wundern und beklagen, vom Bonner Auswärtigen Amt nicht übernommen worden zu sein, ebenso wie mit Staatsanwälten gleicher naiver Wehleidigkeit – ganz zu schweigen von all denen im Gewerkschafts- und Parteiapparat der Linken, denen Posten und Pöstchen sowie ein Mitregieren wichtiger zu sein scheinen als klare Standpunkte und prinzipielle Ansätze für eine Politik gegen die ewigen Gewinner im Narrenschiff der Deutschen Bank. Das wurde von Jens J. Lauterbach und Reinhard Mey unter anderem mit den Worten besungen:

Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken
Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken,
Die Mannschaft lauter meineidige Halunken,
Der Funker zu feig’, um SOS zu funken
Klabautermann führt das Narrenschiff
Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff.

Sollte dem geneigten Leser bei der Lektüre auffallen, dass die eine oder andere Redewendung häufiger gebraucht wird, so möge er es dem Autor nachsehen. Der hätte beim Schreiben – zum Beispiel – „einen Teufel getan“ zu ahnen, dass seine Beiträge dereinst gesammelt erscheinen würden. An seinen Worten sollt, nein könnt ihr ihn erkennen!

Wolfgang Sabath, Zehn Jahre gegen den Wind, BS-Verlag-Rostock, ISBN 978-86785-028-5, 278 S., 14,80 €

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