Freitag, 22. Oktober 2010

250jährige Wahrheiten?

(Mein Kommentar auf Handelsblatt.com, 16. Januar 2010, zu: "Finanzkrise: Der Markt macht keine Fehler – oder doch?" von Florian Paulus Meyer)

Das Geld ist seit 1971 von einem Tauschmittel (wie zu Zeiten von A. Smith) zu einem Verteilungsmittel geworden, weil es seitdem weder selbst eine sachliche Ware ist noch eine solche repräsentiert.

Der Handel mit Finanztiteln ist kein Tauschgeschäft (wie der Güterhandel), sondern ein Spekulationsgeschäft.

Unter diesen veränderten Bedingungen gilt die Schlussfolgerung von Adam Smith betreffend den Markt und seine Gesetze nur noch sehr bedingt.

Die Lösung des Geldes vom Gold beseitigte 1971 alle Bremsen der Geldvermehrung und der Spekulation.

All das hat die meinungsbildende Wirtschaftswissenschaft nie verstanden. Sie trägt mit ihrer Heiligsprechung des Marktes und seiner Gesetze die Hauptverantwortung für das Chaos im Finanzsystem. Sie hat mit ihren Theoriedefiziten ganze Generationen von Finanz- und Wirtschaftspraktikern falsch orientiert und motiviert.

Meyer schrieb:

" ...
Auch Alan Greenspan, ehemaliger Chef der US-Notenbank und einst Anhänger der Theorie der rationalen Märkte, gestand den Fehler, zu sehr an die Markteffizienz geglaubt zu haben. Im Herbst 2008 saß Greenspan in einer Anhörung des US-Repräsentantenhauses. Der Vorsitzende des Komitees, Henry Waxman, versuchte zu klären, was in den vergangenen Jahren auf den Finanzmärkten schiefgelaufen war. "Sie fanden heraus, dass Ihre Sicht der Dinge, Ihre Ideologie, nicht richtig war", sagte Waxman an Greenspan gewandt. "Precisely", bestätigte dieser sichtlich geknickt.

Als wichtigster Zentralbanker der Welt hatte er vermutlich den größten Schaden angerichtet, der sich auf die Idee vom effizienten Markt zurückführen lässt. Noch bevor die Immobilienblase in den USA platzte, sah Greenspan, dass sich der Markt überhitzt hatte. Doch er wollte die Spekulationen nicht durch höhere Zinsen bremsen. Seine Begründung: Niemand könne den Markt beeinflussen - auch nicht die Zentralbank.

Dabei fühlte sich Greenspan in guter Gesellschaft. Seitdem der schottische Ökonom Adam Smith im 18. Jahrhundert seine Idee der unsichtbaren Hand, die Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringe, entwickelt hatte, waren Generationen von Ökonomen von diesem Gedanken fasziniert. Doch keiner mathematischen Formel, keinem volkswirtschaftlichen Modell gelang es, die Kurse von morgen zu bestimmen. In den 50er-Jahren kamen Wirtschaftswissenschaftler schließlich zu dem Schluss, dass sich Preise nicht voraussagen ließen.

Die Theorie des rationalen Marktes entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg parallel zur Ideologie des freien Marktes - allerdings nicht wie diese als politische Bewegung, sondern vor allem in der Wissenschaft. An der University of Chicago lehrte in dieser Zeit Milton Friedman, dass der Markt die Informationen der Wirtschaft besser verarbeitet als jede Regierung. Beeinflusst von Friedmans Ideen beobachtete der junge Fama die Preisbildung auf dem Aktienmarkt und folgerte, dass die Börse nicht nur die besten Entscheidungen treffe, sondern auch den tatsächlichen Preis einer Aktie bestimme."

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